Unkrautbekämpfung in Wintergerste, Herbst 2012

Grundsätzlich gilt: Je kleiner die Unkräuter und die Ungräser sind, desto einfacher und kostengünstiger gestaltet sich deren Bekämpfung. Große Unkräuter lassen sich im Frühjahr wesentlich schwieriger, d.h. nur mit höherem Herbizidaufwand bekämpfen. Die in Wintergerste zugelassenen Gräserherbizide lassen sich nicht mit allen Unkrautherbiziden mischen und sind zudem noch teuer. Das Risiko von Verätzungen an der Kultur und das Risiko, daß verschiedene Wirkstoffe sich in Mischungen beeinträchtigen (Antagonisten), sind bei solchen Tankmischungen höher. Die Mittelauswahl im Frühjahr ist dadurch eingeschränkt. Darüber hinaus sollte berücksichtigt werden, daß die Befahrbarkeit bzw. die nötige Witterung im Frühjahr nicht immer gegeben ist, so daß sich Bekämpfungsmaßnahmen über den optimalen Einsatztermin hinaus verzögern können. So soll auf schweren Böden mit hohem Gräserdruck noch im Herbst ein Bodenherbizid vorgelegt werden, da sich ein bereits weit entwickelter Ungrasbesatz im Frühjahr nur noch schwer bekämpfen läßt.

Bei einem sehr grobscholligen Saatbett können beim Zerfallen der Kluten, bzw. auch bei lückigen Beständen, erneut Ungräser und Unkräuter auflaufen. Dennoch kann auf derartigen Standorten eine erste Herbstbehandlung sinnvoll sein, um bei hohem Unkrautpotential (vor allem Gräserdruck) den Unkrautdruck vorweg zu senken und die Nachbehandlung im Frühjahr zu vereinfachen. Nach der Saat sollte das Saatbett rückverdichtet werden. Die Wirkstoffe der Pflanzenschutzmittel können nur dann wirken, wenn so wenig wie möglich Hohlräume zwischen den gut feuchten Bodenkluten sind. Zusätzlich kann für eine eventuelle Zweitbehandlung ein Produkt mit einem anderen Wirkungsmechanismus gewählt werden um Resistenzen vorzubeugen. So kann ein Bodenherbizid vorgelegt werden, und dann zu einem späteren Termin mit einem blattaktiveren Mittel die übriggebliebene Restverunkrautung entfernt werden.

Die Witterungsverhältnisse nach der Saat bestimmen die Wirkstoffauswahl. So kann ein Bodenherbizid seine Wirkung bei Trockenheit nicht optimal entfalten. Ebenso führen längere Trockenphasen mit hohen Strahlungsintensitäten und geringen Luftfeuchten dazu, daß die Unkräuter dickere Wachsschichten bilden, wodurch die Wirkstoffaufnahme beeinträchtigt wird und es zu Wirkungsverlusten kommen kann. Auch die Temperatur hat einen Einfluß auf die Wirksamkeit der Herbizide. Diflufenican-haltige Mischungen (Bacara, Javelin, Liberator, Toucan) können bei Temperaturen unter -2°C und Diflufenican-Mengen über 40 g/ha Blattaufhellungen oder vorübergehenden Wachstumsstillstand bewirken. Grundsätzlich gilt: Keine Behandlung vor anstehendem Nachtfrost und nicht auf gefrorenen Boden spritzen. Nach der Behandlung sollte die Spritzbrühe einwirken können, à kein Regen bis etwa 2 Std. nach der Behandlung.

Grundvoraussetzung für die Auswahl des richtigen Herbizids ist die Kenntnis über das Auftreten von Ackerfuchsschwanz oder Windhalm. Windhalm ist dabei einfacher zu bekämpfen als Ackerfuchsschwanz. Quecken und Trespen können nicht im VA bekämpft werden; Ampfer, Disteln und Winden nur sehr schwierig und wenn, dann nur die Pflanzen, die sich aus einem Samenkorn entwickelt haben, nicht die, die sich aus einem Wurzelstück bilden.

Das Blatthäutchen des Windhalms ist grober gezahnt als das vom Ackerfuchsschwanz. Windhalm kommt vorwiegend auf leichten Böden vor, wogegen Ackerfuchsschwanz hauptsächlich schwerere Böden bevorzugt. Bacara bekämpft Windhalm zum Beispiel sehr gut, den Ackerfuchsschwanz aber überhaupt nicht. Celtic braucht, um einen hohen Ungrasdruck zu bewältigen, einen Mischungspartner.

Empfehlungen zum Herbizideinsatz in der Wintergerste

Die preislich interessantesten Strategien sind der Vorauflauf bzw. der frühe Nachauflauf, da nicht zwangsläufig die vollen Aufwandmengen eingesetzt werden müssen. Weil hier vorwiegend bodenwirksame Herbizide zum Einsatz kommen, muß ausreichend Bodenfeuchte vorhanden und das Saatbett muß gut abgesetzt sein. Der Einsatz soll früh erfolgen, am besten während der Auflaufphase der Ungräser, wenn die Fahrgassen gerade sichtbar werden.

Verzögert sich ein rechtzeitiger Herbizideinsatz aufgrund unpassender Witterungsbedingungen und sind die Unkräuter bereits weiter entwickelt, sollten Produkte bzw. Mischungen mit boden- und blattaktiven Komponenten eingesetzt werden. Die Bodenherbizide werden so in ihrer Wirkung ergänzt und größere Unkräuter werden mit erfaßt. Die meisten blattaktiven Produkte erfordern allerdings noch 10 bis 14 Tage Restvegetation.

Auch bei sehr hohem Gräserdruck kann eine derartige Strategie sinnvoll sein. Da Axial oder Djinn über das Blatt aufgenommen werden, sollten die Ungräser aber aufgelaufen sein (je nach Witterung ist das ca. ab dem 3-Blattstadium der Wintergerste). Dennoch sollten die Aufwandmengen nicht zu stark reduziert werden, um die Wirkungssicherheit der Produkte nicht zu gefährden.

 

Herbizidstrategien in Wintergerste auf Fuchsschwanzstandorten:

Stadium

Produkt / Tankmischung

im VA: Stomp 400 SC 2 l/ha + Arelon L max. 1,5 l/ha
Defi 5 l/ha + AZ500 0,2 l/ha
im 1-Blatt-Stadium bis 2-Blatt-Stadium: Liberator 0,6 l/ha + Bacara 0,4 l/ha
Malibu 4 l/ha
ab Anfang der Bestockung: Javelin 3 l/ha
Stomp 400 SC 2 l/ha + Arelon L 3 l/ha
Celtic 2,5 l/ha + Arelon 3 l/ha

 

Bei geringem bis mittlerem Besatz können in der frühen Applikation Mittel wie Liberator und Malibu oder die Tankmischungen „Stomp 400 SC + Arelon L“ oder „Defi + AZ500“ eingesetzt werden. Isoproturon (im Arelon L, Javelin) ist zwar nach wie vor der billigste Bodenwirkstoff gegen Ackerfuchsschwanz und Windhalm, soll aber in der Ackerfuchsschwanzbekämpfung aus Resistenzgründen nicht mehr ohne Mischungspartner zum Einsatz kommen. Interessant beim Isoproturon bleibt aber seine gute Wirkung auf Kamille und Vogelmiere. Ein weiterer Wirkstoff in der Gräserbekämpfung ist Defi. Defi ist stärker in der Wirkung gegen Windhalm als gegen Ackerfuchsschwanz, kann aber sinnvoll in einer Mischung gegen resistenten Ackerfuchsschwanz sein.

Wenn bereits im Herbst eine Nachbehandlung gegen Ackerfuchsschwanz oder Windhalm gemacht werden muß, weil evtl. die Wetterbedingungen nach der ersten Behandlung derart schlecht wurden, daß in stark entwickelten Beständen das Ungras nicht eingeht, dann bietet sich ein Einsatz von Axial an.

  • Axial ist ein blattaktives Produkt, das dann 10-14 Tage vor einem zu erwartenden Vegetationsschluß mit 0,9 l/ha solo angewendet wird. Es wirkt nur dann gut, wenn der Ackerfuchsschwanz bereits weiter entwickelt ist und sollte deshalb erst ab dem 2-3 Blattstadium der Ungräser eingesetzt werden (Axial hat keine Zulassung im Roggen).

 

Insbesondere in Wintergerste sollte nicht auf den frühen Einsatz von Bodenherbiziden verzichtet werden, da hier für den späten Einsatz im Frühjahr wegen mangelnder Kulturverträglichkeit die Mittelwahl deutlich eingeschränkt ist. So sollte im Frühjahr das Mittel Axial nicht mit Sulfonylharnstoffen wie Cameo SX oder Allié Express, sondern eher mit Starane oder Primus gemischt werden, was aber dann die Kosten pro ha anhebt (maximal eine Anwendung Axial pro Jahr).

Bei geringem Unkrautdruck bzw. dort, wo gegen Isoproturon (=Arelon L) noch keine Resistenzen aufgetreten sind, können mit Mischungen von „Arelon L + Stomp 400 SC/Celtic“ bzw. Javelin oder „Arelon L + Toucan“ ausreichend gute Ergebnisse erzielt werden. Diflufenican (Javelin, Liberator, Bacara, Toucan) wirkt sowohl über den Boden wie über das Blatt und hat im Nachauflauf eine sichere Wirkung bis zum 4-Blattstadium der Unkräuter.

 

Herbizidstrategien in Wintergerste auf Windhalmstandorten:

Stadium

Produkt / Tankmischung

im VA: Bacara 1 l/ha
Stomp 400 SC 2 l/ha + Arelon L max. 1,5 l/ha
Defi 3 l/ha + AZ500 0,2 l/ha
ab dem VA bis Ende Bestockung: Bacara 1 l/ha
im 1-Blatt-Stadium bis 2-Blatt-Stadium: max. Malibu 3 l/ha
im 2-Blatt-Stadium bis 5 Triebe: Celtic 2,5 l/ha
ab Anfang der Bestockung: Javelin 3 l/ha
Stomp 400 SC 2 l/ha + Arelon L 3 l/ha
Celtic 2,5 l/ha + Arelon 3 l/ha

 

Stomp 400 SC (Pendimethalin) wirkt über den Boden, ist im Nachauflauf aber nur wirksam bis ins 1-2 Blattstadium der Unkräuter. „STOMP 400 SC + Arelon L“ ist schwächer gegen Klette als JAVELIN oder „Arelon L + Toucan“, dafür bringt STOMP 400 SC eine Zusatzwirkung gegen Gräser, die nicht zu vernachlässigen ist.

Gegen Windhalm und Mischverunkrautung kann hervorragend Bacara eingesetzt werden. Da die Wirkstoffe überwiegend über Keimwurzel und -sproß aufgenommen werden, ist als günstiger Termin das Keimblatt- bzw. 1-Blatt-Stadium der Unkräuter bzw. des Windhalms anzustreben. Bacara ist auf Windhalmstandorten eine preislich interessante Lösung, die gute Resultate bringt. Es ist kein Mischungspartner notwendig und das Mittel kann in WW, WG, WT, WR und Dinkel zum Einsatz kommen.

Gute fachliche Praxis

Vorauflaufbehandlungen treffen natürlich immer einen Großteil Boden ohne Bewuchs. Sie sollten nie auf stark erosionsgefährdeten Parzellen durchgeführt werden. Das Saatbett sollte gut abgesetzt sein. Die oberflächliche Abwaschung von Wirkstoffen sollte keinesfalls vernachlässigt werden. In unseren Wasserschutz-Infos haben wir dieses Thema bereits mehrfach angesprochen. Neben der Gefahr, daß oberflächlich Wirkstoffe abgewaschen werden, besteht aber auch das Risiko, daß mehr oder wenig hohe Mengen an verschiedenen Wirkstoffen in das Grundwasser und Quellwasser ausgewaschen werden.

 In den Wasserschutzgebieten sollten Sie daher vorzugsweise auf folgende Tankmischungen zurückgreifen:

Bei normalem Druck von Ackerfuchsschwanz und Unkraut im 1-Blatt-Stadium bis 2-Blatt-Stadium der Kultur:

  • 0,6 l/ha Liberator + 0,4 l/ha Bacara
  • 4 l/ha Malibu
  • 0,6 l/ha Liberator + 2 l/ha Defi

 Empfehlungen mit normalem Druck von Windhalm und Unkraut

  • ab EC 00: 0,8 l/ha Bacara
  • ab EC 12: 2,5 l/ha Celtic

 

Neben den empfohlenen Tankmischungen sind aber auch noch andere Zusammensetzungen denkbar. Es gilt natürlich, sich eine Mischung zusammenzusetzen, welche an die Kulturen, die Verunkrautung und den Standort angepaßt ist.

 

BBCH- Code Definition der Stadien von Getreide
EC 0 Keimung
EC 09 Auflaufen
EC 1 Blattentwicklung
EC 10 Erstes Blatt aus der Koleptile ausgetreten
EC 11 1-Blattstadium
EC 12 2-Blattstadium
EC 13 3-Blattstadium
EC 19 9 und mehr Laubblätter entfaltet, Bestockung kann ab Stadium 13 erfolgen, in diesem Fall ist auf Stadium 21 überzugehen
EC 2 Bestockung
EC 21 1. Bestockungstrieb sichtbar: Beginn der Bestockung
EC 22 2. Bestockungstrieb sichtbar
EC 23 3. Bestockungstrieb sichtbar
Stadien fortlaufend bis…
EC 29 9 und mehr Bestockungstriebe sichtbar
das Schossen kann früher einsetzen, in diesem Fall ist auf Stadium 30 überzugehen (Stadium wird im Frühjahr erreicht)
EC 3 Schossen

 

In der Tabelle ist das angegebene Stadium das Zulassungsstadium. Wir empfehlen, Isoproturon (Arelon L, Javelin) vor dem 3-Blattstadium mit nicht mehr als 750 g/ha einzusetzen.
Stadium Bestockung: Im Stadium EC 13 ist das 3. Laubblatt entfaltet und die Spitze des 4. Blattes sichtbar. Die Stadien sind fortlaufend bis EC 19 (9 Blätter oder mehr entfaltet). Die Bestockung kann ab Stadium EC 13 erfolgen.
   

 

Die Pflanzenbauberatung der Landwirtschaftskammer