Das Saatbett
Eine gute Saatbettvorbereitung beginnt bereits direkt nach der Ernte der Vorfrucht und ist einer der Faktoren für einen sicheren Feldaufgang. Die Ernterückstände sollen bereits kurz nach dem Dreschen homogen in die obere Bodenschicht eingearbeitet werden, um eine zügige Verrottung der Ernterückstände zu ermöglichen. Auf diese Weise geht man bereits aktiv gegen Halmbruch und andere samenbürtige Pilze vor. Durch eine flache Bodenbearbeitung werden auch die Eigelege der Schnecken an die Oberfläche gehoben, wo sie austrocknen. Ebenfalls werden Unkrautsamen und Ausfallgetreide zum Auflaufen motiviert und werden später bei der Saatbettbereitung mechanisch bekämpft. Ausfallgetreide sollte frühzeitig beseitigt werden. Es stellt vor allem eine grüne Brücke für Blattläuse, Zikaden, Mehltau, Blattflecken, Netzflecken und Rostpilze dar.
Aus Gründen des Boden- und des Erosionsschutzes soll dann eine nicht wendende Bodenbearbeitung zur Saat stattfinden (Mulchsaat). Außerhalb der Wasserschutzgebiete bei Parzellen mit hohem Schaderregerpotential (Halmbruch, Fusarium, Rostpilze) kann die Pflugfurche eine sinnvolle Alternative darstellen. Durch das Unterpflügen der infizierten Stoppelreste wird der Ausgangsbefall im Folgejahr deutlich reduziert.
Eine ordentliche Stoppelbearbeitung und eine gute Saatbettvorbereitung sind die ersten zur Verfügung stehenden Werkzeuge des integrierten Pflanzenschutzes.
Der Saattermin
Die Tendenz zu frühen Saatterminen scheint nach wie vor ungebrochen. Die Anlage der Bestockungstriebe hängt unter anderem vom Saatzeitpunkt ab. Von zu frühen Saaten kann aber nur abgeraten werden. Auswinterungsschäden bis hin zum Totalausfall können die Folge sein. Wüchsige Bedingungen im Herbst fördern neben der Bestockung auch den Pilzbefall (Netzflecken, Mehltau). Ein früher Befall von z.B. Mehltau begünstigt später eine Schneeschimmelinfektion oder Typhula in Gerste. Flugbrand infiziert z.B. ein Saatkorn bei > 18°C, Roggenstengelbrand befällt ein Saatkorn bei etwa 15°C. Fusarien infizieren die Saatkörner und die Keimlinge bei etwas über 12°C. Frühsaaten sind daher generell gefährdeter als Spätsaaten. Steinbrand infiziert einen Keimling noch bei >5°C im Spätherbst.
Hybrid-Wintergerste sollte später als die „normalen“ Sorten eingesät werden. Für Hybrid-Gersten gilt ein Saattermin (Ende September -) Anfang Oktober als optimal. Konventionelle Sorten sollten in der 2. Septemberhälfte eingesät werden.
- Bei den niedrigeren Temperaturen gegen Ende September sind weniger Blattläuse aktiv. Blattläuse sind in Gerste die Überträger des Gelbverzwergungsvirus.
- Die Gerste sollte nicht zu stark während den warmen Herbsttagen bestocken. Ein Wintergerstenbestand mit mehr als 5 Trieben im Herbst läßt sich schwer führen und zudem steigt das Auswinterungsrisiko wesentlich an. Je üppiger sich ein Wintergerstenbestand vor dem Winter entwickelt, umso anfälliger ist er für Blattkrankheiten und z.B. Schneeschimmel.
In den vergangenen Jahren wurde gelegentlich auch Hybrid-Weizen ausgesät. Wer hiermit gute Erfahrungen gesammelt hat, sollte ihn natürlich weiter anbauen. Lediglich auf schlechten Weizenstandorten bringt ein Hybridweizen trotz seiner höheren Saatgutkosten einen besseren Deckungsbeitrag als „normale“ Weizensorten. Hybridweizen wird etwas früher (letzte Septemberdekade) gesät als die konventionellen Sorten.
Konventionelle Weizensorten sollten in der ersten Oktoberhälfte ausgesät werden. Zu üppige Bestände sind anfälliger für z.B. Fußkrankheiten und zu früh gesäte Bestände werden intensiver von den Überträgern des Weizenverzwergungsvirus (WDV), den Zikaden besucht. Zikaden sind wie Blattläuse an noch warmen Herbsttagen wesentlich aktiver als an kühlen, nebligen und feuchten Tagen. Zudem sollte auch Weizen im Herbst nicht zu stark bestocken.
Bei Frühsaaten, die vor dem 20. September auflaufen, ist verstärkt mit einem Befall von Blattläusen oder Zikaden zu rechnen.
Die Saatstärke hat einen direkten Einfluß auf die Bestandesdichte. Durch eine zu hohe Saatstärke (mehr Körner pro m2) treten die einzelnen Pflanzen eher in Konkurrenz zueinander. Mit einer zu dichten Saat nimmt man den einzelnen Pflanzen die Möglichkeit, optimal zu bestocken. Je früher eine Parzelle eingesät wird, umso mehr Sonnenstunden haben die Pflanzen bis zur Winterruhe noch zur Verfügung und umso „besser“ bestocken sie noch vor dem Winter. Bei Frühsaaten muß die Saatstärke dementsprechend reduziert werden. Eine zu dichte Saat verursacht unnötige Saatgutkosten und neigt eher zu Auswinterung und Lager. Dünn gesäte Bestände sind des weiteren auch wesentlich einfacher zu führen. Die Andüngung und der Einsatz von Halmwuchsregulatoren im Frühjahr lassen sich einfacher bestimmen.
Die Saattiefe
Eine zu tiefe Ablage verzögert den Feldaufgang, verhindert eine gleichmäßige Pflanzenentwicklung und erschwert so die Bestandesführung nicht unwesentlich. Bei zu tiefer Ablage des Saatgutes kann die Ausbildung des Halmhebers über mehr als ein Internodium hinausgehen, um den Bestockungsknoten an die Oberfläche zu „heben“! In diesem Fall kommt es zu einem starken Verbrauch an Nährstoffen und zu nur schwachen Keimpflanzen und Bestockung. Das Auswinterungsrisiko kann in so einem Fall überpropotional ansteigen.
Pflanzen, die sich nicht mehr vor dem Winter optimal entwickeln, sind anfälliger für samen- und bodenbürtige Erreger (z.B. Schneeschimmel, Schwarzbeinigkeit).
Bei Pflanzen aus zu flach abgelegten Saatkörnern kommt es eher zu Auswinterungsschäden und zu Verätzungen durch die Herbizide.
Die optimale Saattiefe für Getreide liegt bei 3 bis maximal 4 cm.
Eine grobe Faustregel sagt: Saattiefe = 3 x Länge vom Saatkorn.
Die Beizung
Das Beizen richtet sich hauptsächlich gegen Krankheiten, die später nicht mehr mit einem Fungizid bekämpft werden können. Samen- und bodenbürtige Krankheiten sind z.B. Fusarien (Schneeschimmel), Hartbrand, Steinbrand, Flugbrand, Stengelbrand und die Streifenkrankheit sowie Schwarzbeinigkeit. Hierbei sollte auf keinen Fall gespart werden. Eine Beize erfüllt aber nur dann ihren Zweck, wenn sie ein Saatkorn komplett umschließt. Die Saatkornfurche muß ebenfalls mit Beizmittel behaftet sein. Aus diesem Grund raten wir, maschinell gebeiztes Saatgut zu verwenden. Die selbst durchgeführten Beizungen sind zu ungenau und werden in vielen Fällen mit nicht geeignetem Material durchgeführt, was zu keinem zufriedenstellenden Resultat führt.
Bei der Verwendung von eigenem, ungebeiztem Saatgut können die oben erwähnten und im Prinzip leicht bekämpfbaren Krankheiten wieder sehr schnell in Erscheinung treten. Gegen Schwarzbeinigkeit ist in engen Getreidefruchtfolgen eine spezielle Beizung zu empfehlen. Das Mittel Latitude hat eine Wirkung gegen Schwarzbeinigkeit und wird zusätzlich zu einer Standardbeizung auf das Samenkorn aufgetragen. Aufgrund der hohen Zusatzkosten lohnt sich deren Einsatz lediglich für Flächen, auf denen starke Ertragseinbußen durch die Schwarzbeinigkeit zu erwarten sind. Eine Basisbeizung mit Kinto Duo oder Redigo 100 FS erfaßt die wichtigsten Brände und Keimlingserkrankungen.
Die Beizung gegen Schädlinge
Um im Sinne des integrierten Pflanzenschutzes die Getreidepflanzen vor den Gelbverzwergungsviren BYDV und WDV zu schützen, sollte man einen späteren Saattermin wählen. Wenn das Wetter nebliger wird und die Temperaturen fallen, sind die Blattläuse und Zikaden wesentlich weniger aktiv. Schon allein durch die höheren Saatgutkosten sollte nur dann Saatgut mit einer insektiziden Beize ausgesät werden, wenn dies unumgänglich ist, z.B. massiver Drahtwurmbefall bei umgebrochenem Feldfutter (über 5 Jahre).
Wenn man feststellen will, ob die Schadschwelle an Drahtwürmern (Larve des Saatschnellkäfers) erreicht ist, kann man etwa 2 – 3 Wochen vor der Saat an 4 Stellen einer 25 m2 großen Fläche 8 Kartoffelhälften mit der Schnittstelle nach unten einscharren (5 bis 10 cm tief). Die Bekämpfungsschwelle ist erreicht, wenn 1 Larve auf 4 Kartoffelhälften gefunden wird.
Wenn keine insektizide Beize angewendet wird und trotzdem früh gesät werden muß, sollten die Schläge an sonnigen und warmen Tagen im Auge behalten werden, um gegebenenfalls reagieren zu können.
Der Bekämpfungsrichtwert ist allerdings für den praktischen Landwirt schwierig zu bestimmen. Der Bestand sollte mindestens alle 4 Tage kontrolliert werden und man muß die beiden Hauptvirusträger (Große Getreideblattlaus & Haferblattlaus) erkennen.
Bei starkem und frühem Befall mit hoch infizierten Läusen muß eine erste Behandlung evtl. schon im 1-Blattstadium erfolgen. Die Wirtschaftlichkeit einer Behandlung mit Pyrethroiden ist allerdings umstritten, weil sie nicht immer mit einer Herbizidbehandlung kombiniert werden kann. Aussaaten ab Ende September – Anfang Oktober sind in der Regel kaum gefährdet, da zu diesem Zeitpunkt keine oder nur wenige Läuse das Getreide noch besiedeln. Sofern eine Insektizidmaßnahme notwendig ist, sollte vorzugsweise Karate Zeon mit 50 ml/ha (oder ein anderes Pyrethroid) eingesetzt werden. Pyrethroide verfügen neben einer sehr sicheren Wirkung gegen die vorhandenen Läuse auch über eine lange Dauerwirkung bei gemäßigten Herbsttemperaturen. Die Leitlinien des integrierten Pflanzenschutzes sollten immer respektiert werden.
Bitte beachten Sie dabei unbedingt die gesetzlichen Bienenschutzauflagen. Karate Zeon, Decis EC 2,5, Sumi-Alpha, Mageos, Sherpa 100 EC dürfen nur außerhalb des täglichen Bienenfluges (nach 19.00 Uhr) eingesetzt werden.
Die zur Zeit heftig in der Kritik stehenden Neonikotinoid-Beizen (Gaucho, Argento, …) schaden den Honigbienen vor allem bei einer Anwendung an windigen und trockenen Tagen (Staubentwicklung) und durch die Guttationstropfen (Bienen decken ihren Wasserbedarf unter anderem durch Tau). Bienenvölker, die bereits durch andere Ursachen geschwächt wurden, werden durch diese insektiziden Beizen zusätzlich geschwächt und das Risiko, daß die Völker den Winter nicht überstehen, steigt. Im Frühjahr brauchen wir die Bienen zur Bestäubung der Obstbäume und anderen Kulturpflanzen.
Rücksicht auf Abdrift nehmen
Durch den Abrieb entwickelt sich während der Saat feiner, mit Wirkstoffen belasteter Staub, der nach Möglichkeit in die Erde abgeleitet werden soll. Die vorhin aufgezählten fungiziden Beizen unterliegen laut Zulassungsbehörde keinen Bienenschutzauflagen:
„Aufgrund der durch die Zulassung festgelegten Anwendungen des Mittels werden Bienen nicht gefährdet.“
Beim Einsatz von insektiziden Beizen sollte man nach dem Prinzip der guten fachlichen-Praxis und der guten Nachbarschaft vorgehen:
- Man benachrichtigt den Imker in etwa 2 Tage vor der Saat über den Einsatz der insektiziden Beize, wenn die Bienenvölker 60 m oder weniger vom Acker entfernt stehen.
- Die Aussaat erfolgt bei geringen Windgeschwindigkeiten (< 5 km/h), nachdem sich die Bienen in ihre Stöcke zurückgezogen haben (in den Abendstunden nach 19 Uhr).
- Es sollte ein Saattermin gewählt werden, der es ermöglicht, auf insektizide Beize zu verzichten.
- Bei pneumatischen Sämaschinen sollte die Abluft in den Boden eingeleitet werden.
Beachten Sie bitte bei der Handhabung eines Beizmittels oder des gebeizten Saatgutes die eigene Gesundheit. Das Tragen von Handschuhen sollte Pflicht sein! Des weiteren sollte der durch Abrieb entstandene Staub nicht eingeatmet werden. Natürlich sollte man den mit Wirkstoffen belasteten Staub nicht durch Trinken oder Essen aufnehmen.
Die Pflanzenbauberatung der Landwirtschaftskammer