Über die Saison werden teilweise bis zu sieben Spritzapplikationen mit verschiedenen Pflanzenschutzmitteln (Insektiziden, Fungiziden, Wuchsreglern) im Winterraps ausgebracht. Die Ursachen hierfür sind: Intensivierung (Anbaudichte, verfrühter Saattermin), Anstieg des Schädlingsaufkommens (neue Arten, verzettelte Zuwanderung) und Mangel an Feldhygiene (Ausfallraps). Vor dem Hintergrund der neuen EU-Rahmenrichtlinie 2009/128/EG („Nachhaltige Verwendung von Pestiziden“) sind prophylaktische oder unsachgemäße Applikationen nicht mehr hinnehmbar. Kritisch sind auch die Beizmittel zu sehen, die nicht nur einen fungiziden Bestandteil enthalten, der die Pflanzen vor den Auflaufkrankheiten schützt, sondern auch einen insektiziden Bestandteil gegen die Schädlinge. In den letzten Jahren haben sich die Wirkstoffe der Neonikotinoide als Bestandteil der Beize im Raps etabliert, z.B. als Premiumbeize oder Cruiser. Diese Wirkstoffe können nachweislich einen Effekt auf die Bienengesundheit haben (Probleme der Orientierung, verkürzte Lebensdauer, Verkrüppelung der Futtersaftdrüse). In einigen europäischen Ländern ist die Anwendung dieser Wirkstoffe als Saatgutbeize nicht mehr zugelassen. Umso wichtiger ist es, sich langfristig wieder auf die klassischen ackerbaulichen Maßnahmen im Pflanzenschutz der Rapskultur zu konzentrieren, um einen nachhaltigen Anbau in Luxemburg zu gewährleisten. Drei Maßnahmen sind dabei von grundlegender Bedeutung, um den Befall durch Schädlinge und Krankheiten im Herbst zu reduzieren:
- Eine weite Fruchtfolge einhalten, um die Ansammlung von bodenbürtigen Schadpilzen (Weißstengeligkeit, Kohlhernie) im Schlag zu vermeiden.
- Einen weiten räumlichen Abstand (1 km) zu den letztjährigen Rapsschlägen einhalten, um den Rapsschädlingen, die dort überwintern, die Zuwanderung in die jungen Bestände zu erschweren.
- Alt- und Ausfallraps schnell entfernen (Abb. 1) und Rapsstoppel unterpflügen, da viele Schädlinge (Kohlfliege) und Krankheiten (Phoma) dort eine „Grüne Brücke“ als Rückzugsgebiet finden.
Die Krankheiten im Herbst
Zwei Krankheiten dominieren im Herbst im Raps: die Wurzelhals- und Stengelfäule (Phoma lingam/Leptosphaeria maculans) und der Falsche Mehltau (Peronospora parasitica).
Phoma ist die wichtigste Erkrankung im Raps. Die Infektion erfolgt von Fruchtkörpern (Pseudothezien) auf der Stoppel der letztjährigen Rapsfelder, die bei Niederschlägen Ascosporen freisetzen. Durch Wind gelangen diese in die jungen Rapsschläge und infizieren die Blätter. Schon bald bilden sich dort Flecken mit den typischen schwarzen Pyknidien (Abb. 2). Die Pyknidiosporen erledigen dann die Massenvermehrung im Bestand. Wenn der Pilz bis zum Stengelgrund vordringt, vermorscht die Pflanze am Wurzelhals. In den letzten Jahren trat Phoma eher im Gutland/Mosel als im Ösling auf.
Vorbeugende Maßnahmen: räumlicher Abstand zu den letztjährigen Rapsschlägen von mehreren hundert Metern und frühzeitiges Unterpflügen der alten Rapsstoppel, bzw. schnelle Umsetzung der Ernterückstände, gering anfällige Sorten wählen (z.B. Adriana, Visby, King10 etc.).
Falscher Mehltau kann landesweit im Raps auftreten. Blattfeuchte oder Nebel in den Morgenstunden, gefolgt von einem sonnigen Septembertag, sind optimal für eine Infektion. Der Falsche Mehltau ist bei Frühsaaten kein Problem, da die Infektionen sich meistens auf die Keimblätter und das erste Laubblatt beschränken (Abb. 3). Die Pflanze hat daher noch genug Zeit bis zum Winter, neue Blattmasse als Ausgleich zu bilden, sofern die Wetterbedingungen für das Wachstum günstig sind. Bei Spätsaaten (und auch kniffligen Mulchsaaten) sollte bei der Beize auf einen DMM-Zusatz (Dimetomorph) geachtet werden, da dieser die Jungpflanzenentwicklung fördert. Beachten Sie die Mehrkosten dieses Zusatzes von rund 20 Euro/Einheit Saatgut (je nach TKG und Saatstärke zwischen 4-7 Euro/Hektar).
Vorbeugende Maßnahmen: Förderung des Pflanzenwachstums (z.B. Stickstoffdüngung von 30 kg N/ha).
Die Schädlinge im Herbst
Bei den Schädlingen dominieren im Rapsanbau zwei Insektenarten (Rapserdfloh und Kleine Kohlfliege) sowie die Ackerschnecken (Deroceras und Arion).
Der Rapserdfloh wandert bereits beim Auflaufen der Saat in die Bestände ein (Abb. 4). Die erwachsenen Käfer schädigen durch Lochfraß an den jungen Blättern. Die Larven hingegen minieren in den Blattstielen und können sich in milden Wintern bis zum Vegetationskegel fressen und somit zum totalen Verlust der Pflanze führen. Der Raps ist etwa bis zum 6-Blatt-Stadium (BBCH 16) gefährdet. Danach ist die Pflanzenmasse so groß, daß kleinerer Lochfraß kompensiert werden kann. Gefahr kann aber immer noch von den Larven ausgehen. Eiablage bis in den November hinein ist bei warmen Herbsttemperaturen möglich. Seit 2007 ist das Auftreten des Rapserdflohs eher rückläufig.
Vorbeugende Maßnahmen: weite Fruchtfolge, Abstand halten zum letztjährigen Rapsschlag (mindestens 1 Kilometer), Verzicht auf Ölrettich oder Ölsenf als Gründüngung neben jungen Rapssaaten, Förderung einer raschen Pflanzenentwicklung.
Die Kohlfliege ist seit etwa 10 Jahren ein neuer Schädling im Luxemburger Raps. Die Eier werden von den Weibchen dicht an die Rapspflanze in den Boden gelegt. Dabei bevorzugt die Fliege ein feinkrümeliges Saatbett und vor allem Frühsaaten (15.-20. August). Die Fliegenmaden schädigen durch Fraß an der Pfahlwurzel (Abb. 5). Bei günstigen Wetterbedingungen (sonniger Herbst mit ausreichend Feuchtigkeit) kann der Raps noch Stützwurzeln zur Kompensation bilden. Bei Trockenstreß oder Konkurrenz durch starken Bewuchs am Feldrand (Bäume und Sträucher) kann es zu starkem Kümmerwuchs und Totalausfall kommen.
Vorbeugende Maßnahmen: weite Fruchtfolge, auf Frühsaaten verzichten (nicht vor dem 25. August), Alt- und Ausfallraps umgehend beseitigen, pfluglose Bodenbearbeitung/Mulchsaat bevorzugen.
Ackerschnecken sind besonders knifflige Schädlinge im Raps (Abb. 6). Bisherige Vorhersage-Modelle oder Methoden zur Erfassung oder Zählung sind meist wenig praxisnah. Zur Abschätzung eines möglichen Befalls im Raps müßte der Landwirt bereits in der Gerstenstoppel bzw. in der Vorfrucht durch sogenannte Refugiumfallen (Schneckenmatte etc.) das Aufkommen der Schnecken erfassen. Raps ist am empfindlichsten gegen Schneckenfraß im Ein- bis Zweiblattstadium. Ein schnelles Wachstum der Pflanzen ist daher günstig. Schnecken sind eher nachtaktiv und lieben Feuchtigkeit. Ausfallgetreide kann dabei eine gute Bodenbedeckung und damit ausreichend Feuchtigkeit in jungen Rapsschlägen ermöglichen und somit Schnecken fördern. Bei Trockenheit verstecken sich Schnecken in tiefen Bodenspalten. Besonders in den obersten 15 cm der Bodenkrume sind sie zu finden. Auch steinreiche oder grobschollige Böden bieten gute Rückzugsmöglichkeiten für Schnecken.
Vorbeugende Maßnahmen: Bodenbearbeitung eher bei trockenem Boden, um Bildung neuer Hohlräume zu verhindern, auf gute Rückverfestigung bei der Stoppelbearbeitung achten, Ausfallgetreide entfernen. Eine vorbeugende Erhöhung der Saatstärke bei drohendem Schneckenbefall ist wirtschaftlich umstritten. Auch eine etwas tiefere Saat in den Boden birgt eher Risiken und sollte nicht als Maßnahme gegen Schnecken in Betracht gezogen werden.
Als Fazit läßt sich bei den Schädlingen festhalten, daß einige Maßnahmen gegensätzlich wirklich können. Eine Mulchsaat oder die Anlage von Feldbrachen fördert zwar die Gegenspieler der Schadinsekten, aber auch die Ackerschnecken. Ein sauberes, feinkrümeliges Saatbett zerstört hingegen den Lebensraum der Schnecken, ist aber ideal für die Eiablage der Kohlfliege. Hier sollte man sich schlagspezifisch auf den größten Schädling, der am schwierigsten zu bekämpfen ist, konzentrieren und dessen Population schrittweise dezimieren. Ackerschnecke und Rapserdfloh sind nur in bestimmten Jahren ein ernsthaftes Problem, während die Kohlfliege in jedem Herbst zuschlägt.
Aktuelle Informationen zu den Schädlingen im Raps finden Sie demnächst wöchentlich in der aktuellen Ausgabe des „De Letzeburger Bauer“ und zweimal pro Woche auf der Internetseite der Landwirtschaftskammer (ww.lwk.lu/beratung).
Gilles Parisot (Chambre d’Agriculture)
Michael Eickermann (CRP-Gabriel Lippmann)