Vorzeigebetrieb im Eischtal

Seit mehr als 15 Jahren befaßt sich die Landwirtschaftskammer mit dem komplexen Thema Landwirtschaft und Wasserschutz. Der Beratungsdienst betreut zurzeit elf Wasserschutzprojekte, die ca. einem Drittel der landesweiten Wasserschutzfläche entsprechen. War Mitte der 90er bis noch vor einigen Jahren die Senkung der Nitratgehalte im Trinkwasser das vorrangige Ziel der Beratung, so ist die Problematik mit der Zeit um das komplexe Thema der Pflanzenschutzmittelrückstände gewachsen. Seit 2009 ist das ganze Mamer- und Eischtal ein offizielles Natura 2000-Gebiet, so daß auch in diesem Bereich viel Beratungs- und Informationsbedarf besteht.

Der Betrieb Weiler liegt mit seinen Betriebsstrukturen im Herzen des 4.900 ha großen Trinkwasserschutzgebiets des Wassersyndikates SES (Syndicat des Eaux du Sud). Seit 2000 ermöglicht das SES den Landwirten, innerhalb der Schutzgebiete kostenlos an der Wasserschutzberatung der Landwirtschaftskammer teilzunehmen. Seit Beginn des Beratungsprojektes nimmt der Betrieb Weiler aus Überzeugung an der Beratung und Düngeplanung teil. Der überwiegende Teil der Grünlandflächen des Betriebes bettet sich ins Eischtal ein, welches zum größten Natura 2000-Gebiet in Luxemburg gehört. Die Ackerflächen liegen größtenteils auf den Plateaus innerhalb der Wasserschutzzonen des SES (Riederbierg) und der Stadt Luxemburg (Kehlen-Kopstal). Die finanziellen Entschädigungen für die eingeschränkte Nutzung der Parzellen bezieht der Betriebsleiter aus Agrarumwelt- und Biodiversitätsprogrammen.

Die Nitratproblematik im Eischtal

Im Trinkwasser sind laut Gesetz maximal 50 mg NO3/l erlaubt. Vor Beginn der Beratung im Jahr 2000 hatten die Quellen mit landwirtschaftlich genutzten Einzugsgebieten Nitratgehalte von durchschnittlich 53 mg NO3/l. Mit einfachen Maßnahmen, wie u.a. Zwischenfrüchten, N-min Analysen nach Vegetationsende, Mistkompostierung und Sensibilisierung der Landwirte, konnten die Werte in einer ersten Phase häufig unter diesen kritischen Wert abgesenkt werden, so daß diese Quellen heute einen mittleren Nitratgehalt von 40 mg NO3/l haben, was einer Senkung von circa 25% entspricht.

Der Luxemburger Sandstein ist sehr zerklüftet, so daß die Verweilzeit des Wassers  im Boden  sehr schwer einzuschätzen ist und je nach Quelle sehr unterschiedlich sein kann. So können erste meßbare Resultate umgesetzter Maßnahmen im Quellwasser frühestens nach einem Jahr, oftmals erst nach mehreren Jahren, in manchen Fällen erst nach Jahrzenten, sichtbar werden. Dies stellt sowohl für die landwirtschaftlichen Betriebe, die die Maßnahmen über Jahre umsetzen, als auch für die Berater und die Wasserbetreiber eine Geduldsprobe dar.

Um die Werte weiter zu verbessern, sind tiefgreifende, nicht mehr nach dem Gießkannenprinzip anwendbare Maßnahmen erforderlich. Aus den Bodenstudien der ASTA sowie den hydrogeologischen Studien des Studienbüros GEOCONSEIL ergeben sich Risiko- und Vulnerabilitätskarten, und erlauben so gezieltere, punktuellere und effektivere Maßnahmen, die ergänzend zu den initialen Maßnahmen umgesetzt werden können. Mir der offiziellen Ausweisung der Wasserschutzgebiete (bis spätestens 2015) werden auch einige neue Auflagen für die Landwirtschaft kommen (z.B. keine Mistlagerung in Zone II  und keine Silagelagerung in den Zonen II und III). Auch hier wird also weiterhin viel Aufklärungs- und Beratungsbedarf bestehen.

Um das Interesse der Landwirte in Sachen Wasserschutz weiter zu wecken und die allgemeine Skepsis gegenüber den unterschiedlichen Kulturmaßnahmen zum Schutze von Auswaschungen zu überwinden, werden seit 2008 im SES Schauversuche zu verschiedenen Themen angelegt und begangen (Schauversuch Zwischenfrüchte, Vergleich Maissaattechniken). Auf dem Betrieb Weiler wurde 2010 auf zwei Maisparzellen ein Untersaatenschauversuch angelegt.

Um den Mist nicht auf den Maisparzellen im Wasserschutzgebiet zu verteilen, nimmt der Betrieb Weiler auch seit Beginn des Beratungsprojektes an der Mistkompostierung teil. So kann er den kompostierten Mist auf Grünland ausbringen. Auch das ist eine clevere Strategie im Wasserschutz!

Die Pflanzenschutzproblematik im Eischtal

Erstmalig in den Fokus des Wasserschutzes gelangten die Pflanzenschutzmittel mit dem Wirkstoff Atrazin und dessen Abbauprodukte. Mittlerweile analysiert das Wasserwirtschaftsamt inklusive der Abbauprodukte über 80 Substanzen. Einige Wirkstoffe haben eine lange Verweilzeit im Boden und werden des öfteren über den tolerierten Grenzwerten gemessen (Dual Gold, Gardo Gold,…). Auch hier ist die Beratung der Landwirtschaftskammer gefordert, gleichwertige Alternativen zu den problematischen Mischungen auszuarbeiten (sowohl hinsichtlich der Wirkung als auch hinsichtlich der Kosten). Außerdem ist es notwendig, den Handel zu sensibilisieren, um das Risiko des Einsatzes von problematischen Mitteln auf ein Minimum zu reduzieren.

Über das Informationsblatt des Wasserschutz-Info, das drei- bis viermal im Jahr von der Landwirtschaftskammer veröffentlicht wird,  werden sowohl die Landwirte als auch die Wasserbetreiber (Syndikate und Gemeinden) darüber informiert, welche aus Sicht des Wasserschutzes sensiblen Kulturmaßnahmen auf den landwirtschaftlichen Betrieben anstehen, und welche Möglichkeiten der Landwirt hat, um diese wasserschonend umzusetzen. Bei Unklarheiten oder Problemen, die nicht im Wasserschutzinfo angesprochen werden, stehen die Berater der Landwirtschaftskammer immer zur Verfügung. Diese interaktive Beratung wurde schnell vom Betrieb Weiler angenommen. Nach Rücksprache mit den Beratern wendet er nur solche Produkte und Mischungen an, die laut dem heutigen Wissensstand nicht problematisch für das Trinkwasser sind. Außerdem kann er jederzeit kostenlos eine Feldbegehung zusammen mit einem Berater der Landwirtschaftskammer in Anspruch nehmen, um eine betriebsindividuelle Behandlungsstrategie aufzustellen und die verschiedenen kritischen Punkte des Wasserschutzes zu verinnerlichen.

Natura 2000 im Mamer- & Eischtal

Das Mamer- und Eischtal ist ein Habitatgebiet, auch Natura 2000-Gebiet genannt. Bei diesen im Flächenantrag mit einem H (Habitat) gekennzeichneten Parzellen handelt es sich um Flächen, die dem europäischen Naturschutzrecht unterliegen. Diese Gebiete sind durch das Reglement „Zones spéciales de Conservation“ vom 17. November 2009 hier in Luxemburg rechtskräftig. Dieses Reglement (Mémorial A – N° 220) enthält Erklärungen zu den verschiedenen Habitat-Schutzgebieten. Das Mamer- & Eischtal ist das größte Natura 2000-Gebiet Luxemburgs und besonders wegen des Hainsimsen-Buchenwalds, der Auenwälder, der Kalktuffquellen und der Höhlen ausgewiesen worden. Nur ein kleiner Teil des Gebietes betrifft landwirtschaftliche Flächen. Hier sollte man hauptsächlich auf den guten Erhalt der Feuchtwiesen in den Auen achten. So gilt es auch die Lebenshabitate des Kammmolches zu schützen. Des weiteren gilt es prinzipiell auf den Erhalt und die Verbesserung der Wasserqualität der Mamer und der Eisch sowie ihrer Zuflüsse zu achten. Der Bewirtschafter sollte sich generell an folgendem Prinzip orientieren: „Der ökologische Zustand der Flächen darf sich nicht verschlechtern“.

Prinzipiell kann man festhalten, daß man auf Natura 2000 gekennzeichneten Flächen die bisherige Bewirtschaftung dieser Parzellen nicht grundlegend ändern sollte, da die Flächen oft aus naturschützerischer Sicht wertvoll sind, weil sie gerade über Jahrzehnte so bewirtschaftet wurden. In der Praxis sollte man diese Flächen weiterhin extensiv nutzen. Konkret heißt das z.B., keinen Trockenrasen aufdüngen, keine artenreiche Wiese neu einsäen, Grünstreifen an Bächen anlegen, kein Grünland umpflügen, ….

Durch freiwillige Maßnahmen oder über Agrarumweltprogramme kann man auch schon viel erreichen: Grünstreifen, reduzierte Düngung, Auszäunen der Wasserläufe und Schutz vor Viehtritt. Die Teilnahme an Agrarumwelt- oder Biodiversitätsprogrammen ist erwünscht und empfehlenswert, aber keine Pflicht. Sollte sich der Zustand der Habitate aber verschlechtern, könnten einige Einschränkungen kommen. Natürlich unterliegen die Genehmigungen in Natura 2000 strengeren Auflagen. Wichtig ist, gegenseitiges Verständnis für die Belange des anderen zu zeigen.

Der Betrieb Weiler nimmt auf einem Drittel seiner Grünlandfläche an Biodiversitäts- oder Agrarumweltprogrammen teil. Somit verfolgt er die Ziele und Herausforderungen von Natura 2000 im Eischtal und wird für diese proaktive Herangehensweise entschädigt. Über die letzten Jahre hat der Betrieb auch regelmäßig Solitärbäume in seine Weiden gepflanzt, um seinem Vieh Schatten zu spenden und des weiteren auch die Kulturlandschaft durch wichtige Strukturelemente zu erhalten. Die weniger produktiven Flächen werden von Schafen (Roux ardennais) beweidet. Durch diese vielen Maßnahmen kann der Betrieb die Ziele von Naturschutz und Landwirtschaft gut vereinbaren. Der Betrieb hat also verstanden, Natura 2000 nicht als eine Belastung zu sehen, sondern als einen integralen Teil seines Betriebskonzeptes.

Fazit

Wasserschutz und Naturschutz werden zunehmend zu wichtigen Flügelbereichen der Landwirtschaft. Eine nachhaltige Bewirtschaftung sollte man in Regionen mit schützenswerten Gütern wie Wasser, sowie Natur- und Kulturlandschaften, Fauna und Flora, weitestgehend in die Betriebsplanung mit einbeziehen, ohne daß das primäre Ziel der Nahrungsmittelproduktion vernachlässigt wird. Die Verbundenheit zu der einzigartigen Natur des touristisch reizvollen Eischtales, die Weitsicht und eine gute Portion Jungunternehmergeist machen aus dem Betrieb Weiler einen Vorzeigebetrieb, der eindrucksvoll zeigt, daß Landwirtschaft in Gebieten mit hohen Schutzauflagen wirtschaftlich möglich und rentabel ist, und allen Auflagen zum Trotz Zukunftsperspektiven bietet. Es kostet sicherlich sehr viel Engagement, Eigeninitiative und Geduld, um Bauprojekte in Natur- und Wasserschutzgebieten in die Wirklichkeit umzusetzen, da in solchen Gebieten Unmengen an administrativen Prozeduren mit langen Wartezeiten vorgegeben sind. Aber wie man auf dem Betrieb Weiler sehen kann, hat es sich durchaus gelohnt.

Die Wasserschutzberatung der Landwirtschaftskammer