das Thema Frostschäden bildete diesmal den Schwerpunkt
Am 11. Dezember fand am Weinbauinstitut in Remich der 12. Trier-Luxemburger Obstbautag statt. Obsterzeuger, Berater und sonstige am Obstbau Interessierte aus Luxemburg und Deutschland nahmen an dieser schon zur Tradition gewordenen Veranstaltung teil, die wie immer eine große Bandbreite an Fachthemen zu bieten hatte. Ein besonderer Schwerpunkt waren anläßlich der Situation im Winter und Frühjahr 2012 die Frostschäden. Veranstaltet wurde der Obstbautag vom DLR Rheinpfalz, dem Landesobstbauverein Luxemburg sowie der ASTA.
Josy Zenner, Präsident des Landesobstbauvereins, machte eingangs auf zehn Jahre erfolgreiche grenzüberschreitende Obstvermarktung unter „Region Obst Luxemburg-Trier“ aufmerksam.
Werner Riedel, Leiter der Abteilung Gartenbau am DLR Rheinpfalz, kam in seiner Begrüßungsansprache auf den nach wie vor ausstehenden Vertrag zu sprechen, mit dem die Zusammenarbeit seines Hauses mit den für Gartenbau zuständigen Stellen in Luxemburg auf eine formale Basis gestellt werden soll. Die juristische Umsetzung scheine nicht so einfach zu sein, merkte er an.
Rückblick Obstjahr 2012
„Erst der Frost, dann der Frust“, so leitete Obstbauberater Franz-Josef Scheuer vom DLR Rheinpfalz seinen Vortrag zum Obstjahr 2012 ein. Der für die Trierer Region zuständige Berater wies auf zwei Frostereignisse hin, die mancherorts verheerende Schäden an den Obstkulturen verursachten. Waren es am 1. April noch die Grünknospen, die bei Temperaturen bis –3°C teilweise erfroren, so kam es am 17. April bei Temperaturen bis –8°C zu starken Frostschäden an den aufgehenden Blüten. Doch es traf nicht alle gleichermaßen. Die Wittlicher Senke war diesmal stark benachteiligt, während in Rommelfangen, rund vier Kilometer von Wormeldange entfernt, nur zwei Minusgrade am 17.4. gemessen wurden. Franz-Josef Scheuer riet den Obstproduzenten, die Spätfrostsituation in jeder Anlage mit Hilfe von Maximum-Minimum-Thermometern zu überwachen, um Aufschluß über die Gefährdung der Kulturen zu erhalten und entsprechend reagieren zu können.
Die Blüte litt unter naßkalten Bedingungen, was für die Bestäubung kontraproduktiv war. Der Trierer Experte zeigte zunächst das Beispiel Grauschimmel bei Erdbeeren auf und hob hervor, daß Feldhygiene oberstes Gebot sein sollte. Wer schon einmal faule Erdbeeren abgepflückt und aus der Anlage abtransportiert hat, wird angesichts solcher Mahnungen sicherlich alles andere als begeistert sein. Bei den Erdbeeren ist aufgrund der Resistenzgefährdung der Einsatz von Fungiziden gut vorzuplanen. Lediglich Switch (Wirkstoff Cyprodinil + Fludioxynil) weise bislang lediglich eine geringe Resistenzneigung auf. Die restlichen, möglichen Botrytizide sollten in einer Bekämpfungsstrategie jeweils maximal einmal pro Jahr zum Einsatz kommen.
Im Juni kam es vermehrt zu Kelchfäule-Problemen beim Apfel. Untersuchungen an 70 Proben in Rheinland-Pfalz ergaben, daß in 62% der Fälle Botrytis, in 25% Alternaria, in 10% Fusarium und in 3% Nectria die verursachenden Schaderreger waren. Das vermehrte Auftreten wird auf die schlechte, naßkalte Witterung in der abgehenden Blüte (= Zeitraum der Infektion) zurückgeführt. Für 2013 empfahl er, unter anderem die Nebenwirkung von Luna Experience auf Botrytis (Haupteinsatz gegen Mehltau) auszutesten.
Der nächste Punkt war die Kirschessigfliege (Drosophila suzukii), der nicht etwa ein spezifischer Schädling im Süßkirschenanbau ist, sondern eine Vielzahl von weichen Obstarten (Beerenobst, Pfirsich, Zwetschge, Weintraube, Holunder u.a.) heimsuchen und dabei sehr starke Schäden anrichten kann. Dieser in der Region noch neue Schädling, der erst ab Mitte August verstärkt auftreten kann (offenbar auch vermehrt in der Nähe von Deponien für organische Haushaltsabfälle) befällt im Gegensatz zu seinem heimischen „Verwandten“ auch intakte Früchte. Zur Überwachung der Befallssituation werden Becherfallen mit einer Mischung aus trübem Apfelessig, Wasser, Rotwein und ein wenig Zucker in den Anlagen aufgestellt. An der deutschen Mosel wurden bis Ende Oktober 2012 93 Kirschessigfliegen an sechs Fallenstandorten gefunden. Es gab dieses Jahr zwar kein Befallsproblem, aber die Überwachung soll fortgesetzt werden. Eine chemische Bekämpfung ist schwierig. Es gibt mittlerweile einen Arbeitskreis, der sich speziell mit der Kirschessigfliege befaßt. Weitere Infos zum Schädling bietet auch das JKI-Institut (ehemals BBA) in Dossenheim (drosophila.jki.bund.de) an.
Der Experte vom DLR Rheinpfalz kam des weiteren auf die Wühlmausschäden zu sprechen. Zwischen dem 4. und 10. Standjahr ist mit einem Verlust von 100 Euro pro Baum auszugehen. Verluste entstehen auch bei Teilfraß an der Wurzel. Daß es sich um ein verbreitetes Problem handelt, wurde bei dem gut besuchten Wühlmausseminar in Kehlen deutlich.
Apfelschorf war kein allzugroßes Problem. Eine hohe Infektionsgefahr gab es am 5., 6. Mai. Zu diesem Zeitpunkt war beim Pflanzenschutz eine „dichte Taktung“ notwendig, wobei auch ein kuratives Mittel erforderlich war. Insgesamt war es kein massives Schorfjahr.
Stellenweise traten bei Kernobst hohe Pickschäden durch Singvögel auf. Bis zu 50% der Früchte wurden in waldnahen Anlagen angepickt. Schriftliche Umfragen zu Pickschäden in Rheinland-Pfalz verliefen bisher allerdings enttäuschend. Obwohl viele Betriebe im Sommer über Schäden geklagt hatten, meldeten nur wenige Erzeuger den Schadensumfang in ihrem Betrieb.
Beim Kernobst gab es zum Teil Probleme mit Spinnmilben, insbesondere bei den Sorten Braeburn, Fuji, Elstar und Kanzi. Spinnmilben nehmen weit verbreitet zu. Als potentielle Ursachen werden Raubmilbenmangel, negative Einflüsse durch Pflanzenschutzmitteleinsatz bei unpassenden Witterungsbedingungen, Resistenzen bzw. Minderwirkungen sowie die Witterung genannt. Der Berater riet, im Winter Astprobenkontrollen durchzuführen und bei Bedarf zum Austrieb mit einem Ölmittel zu behandeln.
Franz-Josef Scheuer kam im Anschluß darauf zu sprechen, daß es in der Region Trier-Luxemburg Bedarf für ein Baumunterschneidegerät gibt. Dieses könnte auch im Gemeinschaftsbesitz erworben werden. Er wies abschließend auf die Termine für Winterschnittkurse hin. U.a. wird es auf dem Betrieb Hoffmann in Limpach am 9. Januar um 10 Uhr einen Schnittkurs geben.
Andreas Löbke, der Geschäftsführer der grenzüberschreitenden Vermarktungsinitiative ROLT EWIV, blickte im Anschluß auf zehn Jahre erfolgreiche Vermarktung von Obst mit dem Logo Eist Uebst – Us Uebscht zurück. Der Umsatz wurde seit dem Start verzehnfacht. Die ROLT EWIV hat aber noch vieles vor und will horizontal wie vertikal weiterwachsen. Im Hinblick auf die Politik von Cactus sprach der Geschäftsführer von einem mutigen Marktpartner, der eine solche Weiterentwicklung erlaube.
Frostschäden und vorbeugende Maßnahmen
Anschließend gingen Hans-Josef Weber und Gerhard Baab, beide Mitarbeiter am zum DLR gehörenden Kompetenzzentrum Gartenbau (Koga) in Klein-Altendorf, auf das Thema Frostschäden ein. Hans-Josef Weber betitelte seinen Vortrag mit „Fit für den Frost!?“. Darin ging der Obstbauexperte zunächst auf die allgemeinen Randbedingungen ein, die Frost zu einem Problem werden lassen können. Dies hängt natürlich in erster Linie vom Entwicklungsstadium ab. So gibt es bei strengem Frost im Winter normalerweise zwei Probleme: zum einen die für Frostrisse empfindlichen Stämme oder frostempfindliche Unterlagen (bei Birnen), wobei erstere durch einen Kalkanstrich geschützt werden können, letztere durch eine Strohabdeckung. Zum anderen treten mitunter Schäden an den Knospen auf. Im Februar 2012 steckten die Knospen infolge milder Januartemperaturen bereits in Ansätzen physiologisch in der Entwicklung und die strengen Februarfröste führten deshalb zu Blütenschäden, weil die Griffel teilweise erfroren. In Extremfällen erfrieren die Bäume komplett. Normalerweise sollte das Obst in unserer Klimazone etwa 17 Minusgrade problemlos überstehen können, was die relative Winterhärte ausmacht. Kurze Phasen milden Wetters spielen keine Rolle bei der saisonalen Abhärtung.
Aber der Winter 2011/12 hat wieder einmal gezeigt, daß es außer der Temperatur weitere Einflußgrößen geben kann. Dazu gehören nicht ausgereiftes Pflanzmaterial, zu starker Behang, Schnittermin und -stärke (lieber später und weniger schneiden) und der Einfluß der Abhärtung. Letzteres führt dazu, daß frühe Fröste und Spätfröste von den Kulturen weniger gut vertragen werden als Fröste während der Winterruhe. Der Obstbauberater führte folgendes Beispiel aus einer Untersuchung an: Während des Stadiums Grüne Spitzen beim Apfel überlebten bei –7°C 90% der Knospen, bei –12°C nur noch 10%. Bei den empfindlichen Sauerkirschen betragen die entsprechenden Werte nur –3,3°C und –4,4°C. Am empfindlichsten ist die junge Frucht, wo (laut Untersuchungen) Birne nur noch –1°C und Apfel nur –1,7°C vertragen. Es gilt zudem, daß Warmperioden im Frühjahr einen deutlich negativen Einfluß auf die Frostresistenz haben.
Aber auch der Verlauf von Frostereignissen hat einen Einfluß auf den Grad der Schädigung. Abkühlungsgeschwindigkeit, Dauer der Frosteinwirkung sowie Auftaudauer sind Parameter, die neben dem Temperaturminimum eine Rolle spielen.
Was kann man vorbeugend tun, um Frostschäden zu reduzieren oder gar zu vermeiden? Hans-Josef Weber gab hierzu folgende Empfehlungen:
- Die richtige Lage bei einer Neupflanzung wählen (Top-Kriterium).
- Alles vermeiden, was ein spätes Wachstum fördert (zu hohe Stickstoffgaben, reichliche Bewässerung).
- Begrünungsstreifen kurz mulchen, ebenso Schnittgut.
- Baumstreifen unkrautfrei, auch ohne Mulch lassen, Boden vor Frostperioden feucht halten.
- Eventuelle Abdeckungen, Hagelnetze schließen.
Technische Frostschutzmaßnahmen: teuer, aber wirksam
Gerhard Baab referierte anschließend über technische Frostschutzmaßnahmen. Er unterschied zunächst zwischen dem selteneren Windfrost und dem gängigen Strahlungsfrost. Beim Windfrost mit polarer Kaltluft aus Nord bis Ost gibt es die Gefahr einer direkten Schädigung. Strahlungsfröste treten in strahlungsreichen, windarmen Nächten bei nicht zu hoher Luftfeuchte auf. In Bodennähe bildet sich dann ein Kaltluftsee, der u.U. nicht einmal bis zur Kronenspitze reicht. Entscheidend ist die sog. Feuchtetemperatur, d.h. zum Simulieren des Kälteeffekts muß das Thermometer mit einem feuchten Lappen umwickelt werden. Diese Temperatur kann mehr als 2-3°C unterhalb der Trockentemperatur liegen. Gerhard Baab machte auf die Sortenunterschiede bei der Frostresistenz aufmerksam. Zu den resistenteren Apfelsorten zählen jene der Gala-Gruppe, während Sorten wie Braeburn und Topaz als besonders empfindlich gelten.
Der Experte vom Koga Klein-Altendorf bezeichnete die Frostschutzberegnung als den Königsweg zum Schutz der Obstkulturen vor Spätfrösten. Bei Apfelanlagen kommt die Überkronen-, bei Birnenanlagen die Unterkronenberegnung zum Einsatz. Der Aufwand ist allerdings erheblich. Pro Frostnacht werden 350 cbm Wasser pro Hektar ausgebracht, die beim Erstarren soviel Wärme freisetzen wie beim Verbrennen von 3.000 Litern Heizöl entstehen würde. Zu den Investitionskosten von rund 7.000 Euro/ha kommen variable Kosten von ca. 600 Euro pro ha und Frostnacht. Ein potentieller Nachteil der Beregnung besteht darin, daß Äste abbrechen können. Außerdem kann die Anlage mehrere Tage nicht befahren werden.
Wer kein Wasser an der Anlage zur Verfügung hat, kann auf stationäre (Frostguard) oder mobile (Frostbuster) Geräte zur Wärmeproduktion zurückgreifen. Diese werden mit Öl oder Gas betrieben. Gerhard Baab berichtete von Erfahrungen in den Versuchsanlagen, die von den Herstellerangaben deutlich abweichen. So kann ein Frostguard maximal 3.200 qm abdecken, wodurch sich hohe Investitonskosten von 20.500 Euro/ha ergeben. Hinzu kommen variable Kosten von 1.000 Euro pro ha und Frostnacht. Der mobile Frostbuster wurde vom Experten als „Technik ohne Zukunft“ bezeichnet. Ebenso ohne Zukunft sei das Vernebeln bzw. Räuchern mit Paraffinkerzen und dergleichen. Sogenannte bioaktive Substanzen als „Frostschutzmittel“ erwiesen sich in Versuchen als unbrauchbar.
Als letzte technische Möglichkeit stellte Gerhard Baab die Luftumschichtung mittels Windrädern bzw. per Hubschrauber vor. Letzteres wird in Neustadt/Pfalz bei Wein praktiziert. Auch bei der in den USA gängigen Methode der Luftumschichtung mittels Windrädern macht man sich den Umstand zunutze, daß die bodennahe Kaltluft durch Vermischen mit der darüberliegenden Luft deutlich erwärmt werden kann. Allerdings funktioniert diese Methode nur bis maximal –3°C. Diese stationären technischen Einrichtungen sind laut, genehmigungspflichtig und teuer. Als Investition fallen 30.000 Euro/ha an. Hinzu kommen Kosten für 20-25 l Propangas pro Nacht.
Bei Verarbeitungszwetschgen mit Qualität punkten
Bäcker wissen eine gute Verarbeitungszwetschge durchaus zu schätzen und honorieren eine gute Qualität. Dies wurde beim Vortrag von Otto Rönn, einem ehemaligen Mitarbeiter des Koga Klein-Altendorf deutlich. Der „Zwetschgenkleinerzeuger“, wie er sich selbst bezeichnete, hat sich vor Jahren entschlossen, seine Ware zum Großteil direkt via Bäckereien zu vermarkten. Er hat sich ein Sortiment von unterschiedlich reifenden Sorten zugelegt, um über Monate kontinuierlich gute Qualitäten an Verarbeitungsware zur Verfügung stellen zu können und sich damit einen Stamm treuer Kunden aufgebaut. Nach der Reifezeit geordnet sind dies die Sorten Herman, Katinka, Cacaks Schöne, Cacaks Fruchtbare, Haroma, Ortenauer, Topper, Hauszwetschge und Presenta. Zu letzterer erwähnte er einen spezifischen Vorteil: Sie ist die einzige Sorte mit Einfriereignung beim fertigen Kuchen. Ziel des Anbaus sind gut ausgefärbte, schmackhafte Früchte, wobei umgerechnet 20-25 Tonnen pro ha angestrebt werden. Hierzu wird bei Bedarf im grünen Zustand ausgedünnt. „Die Zwetschgen müssen hängen wie an einer Perlenkette“, betonte der Redner.
Otto Rönn gab bereitwillig Auskunft über seine Konzepte zur Kundenpflege und Preisgestaltung. So setzt er sich stets einen Monat vor der voraussichtlichen Ernte mit den Bäckern in Verbindung, um über Erntebeginn, Qualität und Menge zu sprechen. Acht Tage vor der Ernte werden Bestellungen eingeholt und die Preisspanne abgesprochen. Wenn dann die Ernte losgeht, werden zweimal in der Woche (Di, Fr) 1-2 Tonnen Zwetschgen ausgeliefert. Bei akutem Bedarf seitens seiner Kundschaft wird sonntags zusätzlich geliefert. Außerdem teilt er den Kunden stets mit, wenn ein Sortenwechsel bevorsteht und bemüht sich auch ansonsten, mit seinen Kunden im Kontakt zu bleiben und auf ihre Wünsche einzugehen.
Bezüglich der Preisgestaltung hob der Redner hervor, daß man in Mangel- und somit Hochpreisjahren wie 2012 nicht zu gierig sein, sondern langfristige Geschäftsbeziehungen anstreben sollte. In Jahren mit miserablen Preisen wie 2011 konnte er mit seiner Qualität immer noch einen guten Preis erzielen. Dieser pendelte sich zwischen 0,8 bis 1 Euro/kg ein, während der Obsthandel nur 25-30 Cent/kg zahlen wollte. Dieses Jahr lag Otto Rönn preislich mit 1,30-1,50 Euro/kg noch einmal rund 40% über dem Vorjahresniveau. Sein Fazit lautete: „Der Bäcker als Abnehmer lohnt sich, wenn Qualität honoriert wird.“
Anbausysteme für Tafelbirnen im Blickpunkt
Nicht nur in den Niederlanden, auch in Belgien ist der Birnenanbau im Aufwind. Mittlerweile werden im Nachbarland auf knapp 8.600 ha Birnen angebaut. Und so steigt das Interesse an Anbausystemen bzgl. Aufwand und Wirtschaftlichkeit. Dieser Aufgabe hat sich die obstbauliche Versuchsanstalt pcfruit im flämischen St. Truiden (Provinz Limburg) angenommen, die umfangreiche Erhebungen zu sieben verschiedenen Anbausystemen machte. Jef Vercammen, Direktor im Fachbereich Sortenprüfungen von Kern- und Steinobst bei pcfruit, sprach hierüber in seinem Vortrag.
Zunächst kam er jedoch auf die Selektionsarbeit von pcfruit bei neuen Kreuzungen und Mutanten zu sprechen. Auf dem ersten Prüfniveau werden jeweils zehn Bäume gepflanzt. Von den besten Genotypen/Sorten werden auf dem nächsten Prüfniveau 40 bis 120 Bäume gepflanzt. Der Fachmann erwähnte die Sorte P2829 (Conference x Doyenne d’Hiver) als Musterbeispiel für eine erfolgreiche Selektionsarbeit. Diese hat eine viel bessere Fruchtgröße als Conference (bei gleichem Ertrag) und außerdem fast keine Berostung. Lagereigenschaften und Shelf-life sind hervorragend. P2829 gilt seinen Worten zufolge als eine der interessantesten neuen Sorten und wird nächstes Jahr als Clubsorte von EFC auf den Markt gebracht.
Ein zweiter Punkt waren die Unterlagenprüfungen. Mit S1 und Pigwa hat man zwei Typen, die um 50% stärker wachsen als Quitte C, aber auch die Fruchtgröße positiv beeinflussen. Dies wird auch bei Quitte H beobachtet, die als besonders frostresistent gilt. Quitte Eline ist ebenfalls winterhart, fördert Glattschaligkeit, ist aber weniger produktiv als Quitte C. Beim Ertrag schneidet C132, eine schwachwachsende Unterlage aus der Kaukasusregion, gemeinsam mit Quitte C und Adams am besten ab. Die Berostung ist allerdings bei C132 am stärksten.
Jef Vercammen kam schließlich auf die sieben unterschiedlichen Anbausysteme zu sprechen. Diese wurden bezeichnet mit Tiense Hecke, Langer Schnitt, Strauchspindel, Kandelaarsystem, V-System, Schnurbäume und Drapeau-System. Bei den ersteren wurde ein Pflanzabstand von 3,5×1,5 m gewählt, was 1.714 Bäume pro ha ergab. Nur das Schnurbaumsystem mit 5.625 und das Drapeau-System mit 1.469 Bäumen pro ha wiesen deutliche Abweichungen bei der Pflanzdichte auf.
Die relative Vorzüglichkeit der jeweiligen Systeme wurde im folgenden aufgezeigt. Bei den Anfangsinvestitionen schneiden die ersten beiden Systeme (Tiense Hecke, Langer Schnitt) und Drapeau-System am besten ab, während das V-System und die Schnurbäume am teuersten sind Auch beim Faktor Arbeit ist das V-System ungünstig, ebenso das Drapeau-System. Die Fruchtgröße und Pflückleistung sind beim V-System allerdings am besten. Der beste Baumertrag (10jähriger Durchschnitt) ergab sich beim Drapeau-System, aber wegen der geringeren Pflanzdichte ist der Hektarertrag nur der zweitbeste, und zwar hinter Langer Schnitt. Der Abstand zwischen dem besten und dem schlechtesten (Strauchspindel) Hektarertrag beträgt satte 42%. Nur geringe Unterschiede wurden bei der Fruchtqualität beobachtet.
Beim finanziellen Resultat ergab sich der beste Wert für das Drapeau-System, gefolgt von Langer Schnitt und V-System. Jef Vercammen riet jedoch vom System Langer Schnitt ab, weil die Fruchtgröße schlecht ist. „Heutzutage werden dicke Birnen hoher Qualität vom Markt verlangt“, so der Experte von pcfruit. Sein Fazit lautete: „Es gibt kein bestes Pflanzsystem. Wenn sich das eigene System bewährt hat, sollte man dabei bleiben.“ In die Empfehlungsauswahl nahm er Strauchspindel, Tiense Hecke, V-System oder Drapeau-System, wahlweise, je nach Boden, auf Quitte C oder Quitte Adams. Wenn nötig, sollte einseitig ein leichter Wurzelschnitt erfolgen.
Der Experte von pcfruit kam schließlich noch auf den Einsatz von Bioregulatoren zu sprechen. Er unterschied zwischen Jahren mit und ohne Frostschäden. GA3 sollte nur bei Frostschäden zum Einsatz kommen (max. 3 Tabletten), jedoch in der Regel nicht solo. Ansonsten sind GA4/7 und Regalis die Mittel der Wahl, die je nach Blütenknospenbesatz in unterschiedlichem Maße (auch in Kombination) zum Einsatz kommen. Als Beispiel sei der Fall Frostschäden und geringer Blütenknospenbesatz erwähnt: Die Empfehlung lautet hier drei Tabletten GA3, eine halbe Dosis GA4/7 plus Regalis. Behandlungen mit GA4/7 oder GA3 dürfen erst ab der Vollblüte erfolgen, während Regalis 2-3 Wochen nach der Vollblüte zum Einsatz kommt. Bei gutem Besatz in einem Jahr ohne Frostschäden sollte man die Finger von Bioregulatoren lassen, riet Jef Vercammen.
Obstbaumkrebs-Versuche in der Region Trier
Franz-Josef Scheuer kam im Anschluß auf die im letzten und diesem Jahr durchgeführten Versuche zur Bekämpfung von Obstbaumkrebs zu sprechen. Der Betrieb Samson in Rommelfangen hatte für diese aufwendigen Versuche einen Teil seiner betagteren Anlage zur Verfügung gestellt, die er 2012 ohnehin roden wollte, wobei der Redner anmerkte, daß die Anlage eine unerwartet gute Ernte einbrachte und deshalb noch stehengelassen wird.
Den Versuchsstämmen wurden jeweils im Herbst insgesamt 840 Stanzwunden mit einem Durchmesser von 16 mm zugefügt und diese dann mit dem Erreger Nectria calligena inokuliert. 2011 wurden nur Funguran (Kupferoxychlorid) sowie EVA (Kaliumhypochlorit) als Bekämpfungsmittel eingesetzt. Funguran zeigte bei der Bonitur Ende Mai beim 1jährigen Holz einen Wirkungsgrad von 85%, EVA nur von 36 bzw. 38%.
Im zweiten Jahr wurden weitere Mittel eingesetzt, nämlich die Kupferpräparate Cuprozin Progress und Funguran Progress, Schneiderkalk sowie Switch. EVA, das als einziges Mittel mit 1.000 l/ha gespritzt wurde, kam von Herbst 2011 bis Juli 2012 elfmal zum Einsatz. Bei der Bonitur am 1jährigen Holz schnitt abermals Funguran am besten ab, der Wirkungsgrad sank jedoch auf 53%. Die anderen Mittel lagen diesbezüglich unweit der Kontrolle.
Der Trierer Berater zeigte Bilder von sauber überwallten Stanzwunden, die als geheilt gelten können. Bei der Kontrolle waren es rund 5% der Wunden, beim Versuchsglied EVA jedoch 19%. Funguran, das nur noch bis 31.12.2012 gehandelt werden durfte, lag mit 15% an vierter Position.
2013 soll nochmals an denselben Stanzwunden bonitiert werden. Die Mittelpalette wird um Cuprum erweitert und bei der Terminierung sämtlicher Behandlungen legt man die Daten des niederländischen Warndienstes Neonectria zugrunde.
Der Trier Pflanzenschutzexperte riet zu folgender Strategie:
- Bei befallenen Anlagen bzw. Sorten auf Winterschnitt verzichten und stattdessen ab dem Stadium grüne Knospe oder rote Knospe schneiden.
- Ab Vegetationsbeginn häufiges Herausschneiden von befallenen Trieben und entfernen des Schnittmaterials aus den Anlagen.
- Befallene Jungbäume roden und ersetzen (hierbei auf nectria-freies Pflanzmaterial achten).
- An älteren Bäumen kleinere Wunden ausfräsen.
Franz-Josef Scheuer betonte, daß manuelle Maßnahmen unverzichtbar sind, man sich also nicht auf den chemischen Pflanzenschutz verlassen darf. Zudem erachtet er eine frühzeitige Beobachtung der Anlagen als unerläßlich.
Er riet beim Vorhandensein von Krebs in den Anlagen zu folgenden Nacherntemaßnahmen: Malvin-Behandlung direkt nach der Ernte, drei Kupferbehandlungen bei 30/60/90% Blattfall, hierbei die max. zulässige Menge pro ha und Jahr beachten. Unter Umständen eine weitere Kupferspritzung zum Ende der Winterruhe.
Biodiversität in Obstanlagen: das Beispiel Mauerbiene
Zum Abschluß des Obstbautags war es an Dr. Jürgen Lorenz von dem zum DLR Rheinpfalz gehörenden Kompetenzzentrum Gartenbau in Rheinbach, der über die praktische Umsetzung von Biodiversität im Obstbaubetrieb referierte. Als kostengünstiges Beispiel mit imagefördernder Wirkung nannte er die Einsaat von Randstreifen mit blühenden Gründüngungspflanzen. Der Redner machte klar, daß man sich im vorhinein Gedanken darüber machen sollte, was man hinsichtlich Biodiversität überhaupt fördern will und ob die sich aus dieser Förderung ergebenden Nachteile akzeptiert oder gar ausgeglichen werden können.
Als Beispiel führte er die Förderung von Wildbienen an, die für den Obsterzeuger hinsichtlich der Bestäubung sehr vorteilhaft sein kann. Hierbei hob er den Stellenwert der Mauerbiene Osmia ssp. hervor, die als Bestäuber weitaus bessere Dienste leisten kann als die Honigbiene, früher fliegt und gezielt Obstbäume als Nahrungsquelle aufsucht, selbst bei schlechtem Wetter. Sie hat eine einzige Generation zur Zeit der Obstblüte. Die weitere Entwicklung findet im geschützten Bereich statt, so daß sie nachhaltig in Obstanlagen angesiedelt werden kann. Wie ihre domestizierte Verwandte ist sie jedoch anfällig für Parasitenbefall und deshalb können die Populationen binnen weniger Jahre zusammenbrechen. Deshalb macht es Sinn, Vorsorge zu treffen und gut zu reinigende Nisthilfen auszuwählen. Die beliebten „Insektenhotels“ auf Bambusstabbasis entsprechen nicht diesem Kriterium. Besser sind spezielle Mauerbienen-Nistblöcke im Baukastensystem aus Kiefernholz, Buchenholz oder Faserplatten. Im Winter werden die Kokons aus den Rillen herausgelöst und parasitierte Kokons aussortiert. Anschließend kann der Nistblock gereinigt werden. Die Kokons werden im Frühjahr zum gewünschten Zeitpunkt ausgebracht, so daß auch der Schlupftermin beeinflußt werden kann. Der Zeitaufwand für die Wildbienenpflege wurde vom Experten mit 10-13 Stunden angegeben, wobei das Gros im Winter anfällt. Seinen Worten zufolge ist die Wildbienenbestäubung nachhaltiger als die Hummelbestäubung und die Honigbienenbestäubung.