Statec-Analyse zur Entwicklung in der Landwirtschaft zwischen 1962 und 2010
In der Presse wurde dieser Tage mehrfach auf das kürzlich vom Statec veröffentlichte Zahlenmaterial betreffend die Entwicklung der hiesigen Landwirtschaft in den letzten 50 Jahren eingegangen. Diese vom Statec getätigte Analyse ist sonder Zweifel interessant, selbst wenn sie keine wesentlichen neuen Erkenntnisse über die in den letzten fünf Jahrzehnten stattgefundenen Entwicklungen im Agrarsektor bringt.
Bestätigt wird allemal der enorme Konzentrationsprozeß, der sich vollzogen hat, dies bei entsprechendem Wachstum der Agrarstrukturen: Die Zahl der landwirtschaftlichen Betriebe ist zwischen 1962 und 2010 von 10.250 auf 2.201 geschrumpft, was ein Minus von 8.000 Betrieben bzw. von fast 80% ausmacht. Gleichzeitig hat deren Durchschnittsgröße sich mehr als vervierfacht, von 13,4 ha in 1962 auf 59,6 ha in 2010. Verständlicherweise hat dabei der Anteil von Pachtland auch zugenommen: Wurden 1962 noch 66,2% in Eigentum bewirtschaftet und nur knappe 34% als Pachtland, so hat die Tendenz sich 2010 in etwa umgekehrt: Nur noch 40,8% werden in Eigentum und etwa 61% als Pachtland bewirtschaftet. Laut Statec-Angaben wurden in 2010 insgesamt 131.106 ha landwirtschaftlich genutzt gegenüber 137.031 ha in 1962. Damit belief sich die hierzulande landwirtschaftlich genutzte Fläche auf 0,43 ha pro Einwohner im Jahr 1962 gegenüber 0,26 ha im Jahr 2009.
Nicht nur bezüglich der Strukturen hat die Landwirtschaft sich in den letzten 50 Jahren verändert, auch in bezug auf die Produktionsausrichtungen, wobei eine klare Verlagerung auf die Tierproduktion, einhergehend mit der Herstellung von Futterpflanzen auszumachen ist. Dies spiegelt sich denn auch in der Nutzung der landwirtschaftlichen Flächen wider, wo der Anteil von Grünland zugenommen hat, ebenso wie der Futterpflanzenanbau – mit dem Maisanbau an erster Stelle. In diesem Zusammenhang und mit Blick auf die Diskussionen um die Energiegewinnung aus der Biomasse merkt die Statec-Studie an, daß 2009 5.380 ha Land für den Anbau von Industriepflanzen, hauptsächlich Raps, verwendet wurden, gegenüber 3.344 ha im Jahr 2000 und lediglich 14 ha in 1962.
Mehr als verdoppelt hat sich in den letzten 50 Jahren die Milchleistung pro Kuh: Lag dieselbe 1962 noch bei 3.320 kg/Kuh/Jahr, so erreichte sie 2010 7.212 kg, was einer Steigerung von 117% entspricht. Insgesamt ist allerdings die Milchproduktion hierzulande nur von 195.360 Tonnen in 1962 auf 295.291 Tonnen in 2010 angestiegen, dies infolge der Einführung der Milchquoten in 1984. Die Zahl der Milchkühe stieg von 1962 bis 1985 von 58.843 auf 68.346 in 1985 – im Jahr 2010 lag sie bei 40.944, was im Vergleich zu 1985 ein Minus von rund 40% bedeutet. Insgesamt hat die Zahl der Rindertiere zugenommen, von 159.083 in 1962 auf 196.470 in 2009. Demgegenüber waren in den letzten Jahrzehnten sowohl der Schweinebestand als auch der Geflügelbestand stark rückläufig. Dazu eine Zahl: Für 1962 wurde der Geflügelbestand auf 426.253 Tiere veranschlagt gegenüber 97.418 in 2009. Dieser starke Rückgang wird vom Statec durch den materiellen Wohlstand erklärt: Wurde 1962 noch viel Geflügel für den eigenen Verbrauch gezüchtet, so änderten sich mit zunehmenden Wohlstand die Eßgewohnheiten hin zum Verzehr von mehr Rindfleisch. Hinzu kommt die starke Konkurrenz der großen internationalen Unternehmen, die zu Niedrigstpreisen Ware anbieten.
Neben den allgemeinen Produktivitätsgewinnen in den letzten Jahrzehnten und der bedeutenden Mechanisierung, die vorwiegend bis in die 80er Jahre in der Landwirtschaft stattgefunden hat, verweist das Statec-Zahlenmaterial auf den Einsatz von Düngemitteln: Dieselben sind unerläßlich für die Fruchtbarkeit der Böden und die Produktivitätssteigerungen. In den letzten zwei Jahrzehnten ist allerdings diesbezüglich ein wesentlicher Rückgang auszumachen. So ging beispielsweise der Einsatz von Stickstoffdünger pro ha innerhalb der letzten 20 Jahre von rund 160 kg/ha auf 100 kg/ha, also um mehr als 35% zurück. Bei Phosphat und Kalium sind Rückgänge von mehr als 80% zu verzeichnen, dies sowohl im Vergleich zu 1990 als auch im Vergleich zu 1962. Wie in der Analyse unterstrichen wird, zeugt dieser Rückgang von den zunehmenden Bemühungen der Landwirtschaft, den Anforderungen der Umwelt verstärkt Rechnung zu tragen und die Produktionsmethoden entsprechend dem Umweltschutz auszurichten.
Im Zuge der allgemeinen Entwicklung und des Konzentrationsprozesses hat selbstverständlich die Zahl der in der Landwirtschaft Beschäftigten ebenfalls stark abgenommen: Lag die landwirtschaftliche Bevölkerung 1975 noch bei über 26.000 Personen, so erreichte sie 2009 nur noch 7.887 Personen; 61,8% oder 4.489 Personen davon waren aktiv in der Landwirtschaft beschäftigt, gegenüber 14.352 im Jahr 1975.
Daß die wirtschaftliche Bedeutung der primären Agrarproduktion in den letzten 50 Jahren spürbar abgenommen hat, liegt auf der Hand. Angesichts der rasanten Entwicklung, die sich hierzulande insbesondere im Banken- und Dienstleistungssektor vollzogen hat, ist der Anteil der Landwirtschaft mit nur noch 0,3% auf einen Bruchteil der Bruttowertschöpfung geschrumpft, dies umso mehr als gerade auch die landwirtschaftlichen Erzeugerpreise in keiner Weise dem allgemeinen Trend in der Preisentwicklung gefolgt sind.
Dennoch hat auch heute die Landwirtschaft nichts von ihrer allgemeinen gesellschaftlichen und landschaftspflegerischen Bedeutung eingebüßt. Wie in der Statec-Studie richtigerweise unterstrichen wird, kommt der Landwirtschaft immer noch eine Schlüsselrolle zu, dies sowohl in bezug auf die Versorgung des Landes mit Lebensmitteln als auch in bezug auf den Umwelt- und Naturschutz. Zudem schafft sie mittel- und unmittelbar eine Vielzahl von wirtschaftlichen Aktivitäten in den ihr vor- und nachgelagerten Bereichen.