Regierungserklärung zur Lage der Nation: Sparen in vielen Bereichen angesagt, auch beim Landverbrauch

Premier Juncker hat am 8. Mai die traditionelle Regierungserklärung zur Lage der Nation in der Abgeordnetenkammer präsentiert: Die wirtschaftliche und finanzielle Lage des Landes ist sehr ernst und es gilt die Realitäten zu schauen, dementsprechend auch die notwendigen Sparmaßnahmen zu ergreifen und durchzusetzen, wobei ein jeder Bürger und Wirtschaftsakteur des Landes gefordert ist. Sparen muß zum Leitfaden werden, sparen, um schlimmeres zu verhindern, sparen, auch weil wir uns dies, so Premier Juncker, noch erlauben können.

Sicher steht Luxemburg im internationalen Vergleich in puncto Staatsfinanzen zur Zeit noch besser da als viele andere europäische Staaten. Dennoch, und dies müßte eigentlich jeder wissen, wenn er es denn will, kann auch hierzulande die Entwicklung sehr schnell zu einer gravierenden Schieflage führen, eine Schieflage, die sich besonders negativ für die hiesige Wirtschaft und Gesellschaft auswirken kann. Die öffentlichen Ausgaben auf ein vernünftiges, tragbares und vertretbares Niveau zurückführen, ist demnach mehr als angesagt. Dementsprechend war verständlicherweise ein großer Teil der Erklärung zur Lage der Nation der Analyse der Staatsfinanzen gewidmet, ebenso wie den bereits zuvor angekündigten notwendigen Sparmaßnahmen.

In seinen Ausführungen ging Premier Juncker nicht auf die Lage in den einzelnen Wirtschaftsbereichen ein – Begriffe wie Handwerk, Landwirtschaft, Industrie… kommen in seinen Ausführungen nicht vor, lediglich die Bedeutung der Tourismusbranche wurde unterstrichen. Ebenfalls nicht angesprochen wurden die gewichtigen Herausforderungen, die sich der Privatwirtschaft stellen, bzw. die zunehmende Kluft zwischen dem Privat- und dem öffentlichen Sektor. Dahingegen erwähnte Premier Juncker die Problematik des Wasserpreises, um sich nachdrücklich für einen landesweit einheitlichen Wasserpreis auszusprechen. Bereits beim Agrargipfel in 2010 hatte der Premierminister in diese Richtung plädiert und es bleibt zu hoffen, daß das für kommenden Herbst angekündigte Modell in diesem bereits leidigen Thema letztendlich zu einem positiven Resultat führt, daß dabei auch parteiübergreifend und über kommunalpolitische Egoismen hinweg die politisch Verantwortlichen in eine und dieselbe Richtung agieren werden. Die Bauernzentrale erwartet jedenfalls, daß hierbei die spezifischen Anliegen der Landwirtschaft voll berücksichtigt werden, damit landesweit die landwirtschaftlichen Betriebe endlich in den Genuß eines einheitlichen Wasserpreises auf niedrigem Niveau kommen.

Neben anderen Bereichen, wie etwa Bildung oder Forschung und Innovation als Motoren für die künftige Entwicklung, um nur diese zu nennen, ging Premier Juncker, dies nicht zum ersten Mal, relativ ausgiebig auf die Problematik des Wohnungsbaus und der überteuerten Baulandpreise ein, die gemäß seinen Aussagen auf übertriebene Spekulation bis hin zur Ausbeutung der einen Luxemburger durch die anderen Luxemburger zurückzuführen seien.

Der Regierungsrat habe im Rahmen des sektoriellen Plans für Wohnungsbau am vergangenen Freitag 552 ha Bauland für mögliche 18.000 Wohnungen ausgewiesen – zähle man die im Rahmen vom Pacte Logement von den Gemeinden vorgeschlagenen Wohnungsbauprojekte hinzu, so Premier Juncker, komme man auf knapp 70.000 neue Wohnungen.

Die Probleme im Wohnungsbau sind bekannt, wurden bereits oftmals thematisiert, auch von Premier Juncker, und wohl niemand wird dieselben abstreiten, niemand wird auch das Recht auf eine angemessene Wohnung in Frage stellen.

Allerdings müßten gerade in bezug auf die Verfügbarkeit von Bauland der Staat und die Gemeinden sich auch etliche Fragen stellen, sei dies in bezug auf die zugelassene Bebauungsdichte, sei es in bezug auf die den Bauherren auferlegten Ausgleichsmaßnahmen: Durch eine minimale Verdichtung, horizontal sowie vor allem auch vertikal, könnte die verfügbare Wohnfläche in vielen Fällen problemlos um 10%, 20% oder gar mehr Prozent erhöht werden – von Wohnsilos wären wir dann noch immer sehr weit entfernt, von Einbußen in bezug auf Lebensqualität ebenfalls. Vielerorts scheint diese Option, die sich zudem verbilligend auf den Kauf- oder Mietpreis auswirken dürfte, dennoch ein Tabuthema zu bleiben, während weiterhin frisch und munter immer mehr Grünflächen in den Wohnanlagen eingefordert werden, gleichzeitig auch immer mehr Ausgleichs- oder Kompensierungsflächen, womit unweigerlich die Bodenpreise, auch außerhalb der potentiellen Wohngebiete, ungebremst nach oben getrieben werden.

In dem Sinn wäre es sicherlich zu begrüßen gewesen, wenn Premier Juncker nicht nur die hierzulande zu langen und schleppenden Genehmigungsprozeduren angesprochen hätte – die wiederholt angekündigte administrative Vereinfachung läßt immer noch grüßen –, sondern auch die Problematik des übermäßigen Flächenverbrauchs ebenso wie die oftmals mit Bauprojekten einhergehenden übertriebenen ökologischen Ansprüche und Forderungen, die zusätzlich zu unmäßigem Landverlust führen.

Sparen ist in vielen Bereichen angesagt, Sparen ist allemal auch beim Landverbrauch dringend geboten. Wenn sich auf politischer Ebene nicht das notwendige Bewußtsein zum Thema Landverbrauch durchsetzt, wird die Landwirtschaft weiterhin der große Verlierer sein. Und vor allem stellt sich die Frage, wie lange noch hierzulande jährlich hunderte von Hektaren, vorwiegend landwirtschaftliche Fläche, für Wohnungsbau und sonstige Infrastrukturprojekte zubetoniert werden können, gleichzeitig jährlich Hunderte von Hektaren landwirtschaftlicher Fläche für großzügige Kompensierungsmaßnahmen herhalten müssen. Auf politischer Ebene genügt es allemal nicht zu erklären, wertvolle landwirtschaftliche Flächen sollen geschützt werden, ohne daß umgehend die diesbezüglichen rechtlichen Rahmenbedingungen geschaffen werden, gleichzeitig von überzogenen Integrations- und Kompensierungsmaßnahmen Abstand genommen wird. Das derzeit angedachte System der Ökopunkte kann aus landwirtschaftlicher Sicht nicht unbedingt als Lösung dieses sehr ernsthaften Problems gelten. Vielmehr bedarf es eines tiefgreifenderen Umdenkens im Sinne einer wirklich gleichwertigen Gewichtung der drei Aspekte der Nachhaltigkeit, wobei ökologischen Aspekten kein Vorrang vor dem Schutz und dem Erhalt der produktiven landwirtschaftlichen Fläche zukommen darf.