Generationswechsel: Vorbedingung für den Erhalt einer lebensfähigen Nahrungsmittelproduktion

Die Sicherstellung der Nahrungsmittelversorgung bleibt nach wie vor die vorrangigste Aufgabe der Landwirtschaft. Es ist dies eine Tatsache, die von niemandem, egal welcher politischer Couleur oder ideologischer Gesinnung, in Frage gestellt wird. Um dieses Ziel zu erreichen, bedarf es nicht nur des Erhalts des landwirtschaftlichen Produktionspotentials – u.a, auch der landwirtschaftlich genutzten Fläche – sowie tragbarer wirtschaftlicher Rahmenbedingungen und eines ausreichenden Einkommens; es bedarf vor allem auch ausreichender Menschen – vor allem junger Menschen, die bereit sind, in der Landwirtschaft zu arbeiten und dort ihren Lebensunterhalt zu bestreiten.

Junge Menschen in einen Sektor ziehen, der durch allgemein niedrige Einkommen und zahlreichen Unsicherheiten gekennzeichnet ist, ist denn auch eine Herausforderung, die dringendst angegangen werden muß, um die Zukunft der Landwirtschaft und die Lebensmittelversorgung in Europa sicherzustellen. So die Schlußfolgerung der Kommission in einem kürzlich veröffentlichten, vor allem statistischen Überblick über die Junglandwirte in der Union. Der Generationswechsel wird dabei zurecht als Vorbedingung überhaupt für den Erhalt einer lebensfähigen Nahrungsmittelproduktion und der Wettbewerbsfähigkeit des Sektors bezeichnet.

Die von der Kommission angeführten Daten zur Lage der Junglandwirte in der EU stammen leider schon aus dem Jahr 2007 – wirklich einschneidend dürfte sich die Situation in den letzten fünf Jahren allerdings kaum geändert haben.

Im Jahr 2007 zählte die Union 13,7 Millionen landwirtschaftliche Betriebe mit einer Durchschnittsgröße von 13 ha (22 ha in den alten und 6 ha in den neuen Mitgliedstaaten). Bewirtschaftet wurden rund 172,5 Mio. ha Land; die Zahl der regelmäßig Vollzeit- oder Teilzeitbeschäftigten lag bei über 26 Mio. Menschen.

Kennzeichnend und zugleich besorgniserregend ist die allgemein sehr geringe Zahl von jungen Betriebsleitern unter 35 Jahren: Sie stellten in 2007 nur 6% der Betriebsleiter in der Union dar – noch besorgniserregender: Relativ gesehen hat die Zahl der Junglandwirte zwischen 2003 und 2007 stark bis sehr stark abgenommen – immerhin um mehr als 47% in den alten Mitgliedgliedstaaten, damit verhältnismäßig auch bedeutend stärker als die Zahl der älteren Betriebsleiter. Somit standen in 2007 jedem Junglandwirt unter 35 Jahren neun Landwirte von über 55 Jahren gegenüber.

Diese Situation ist in den alten Mitgliedstaaten ausgeprägter als in den neuen Mitgliedstaaten: In Polen wurden 0,35 Junglandwirte pro älteren Landwirt gezählt, in Portugal nur 0,03. In Polen lag denn auch EU-weit der Anteil der Junglandwirte an der Gesamtzahl der Betriebsleiter mit 12,3% am höchsten, während in Portugal die Landwirte von mehr als 55 Jahren 73,4% aller dortigen Betriebsleiter darstellten. Damit ist Portugal das Land, wo die Veralterung in der Landwirtschaft am stärksten ist. Allerdings sind auch in Bulgarien und Rumänien, sowie in Teilen von Großbritannien, Italien und Spanien, fast 70% der Betriebsleiter mehr als 55 Jahre alt, gegenüber 55% im EU-Durchschnitt.

Wohl hat die Durchschnittsgröße der von Junglandwirten bewirtschafteten Betriebe zugenommen – in Jahr 2007 wurden jedoch nur 8,6% der landwirtschaftlichen Flächen von Junglandwirten bewirtschaftet und damit (relativ gesehen) spürbar weniger Fläche als in 2003. 37% der Flächen wurden von Landwirten über 55 Jahren und 54% von Landwirten zwischen 35 und 54 Jahren bewirtschaftet.

Mit Vorbehalt darf die allgemein bessere Ausbildung der Junglandwirte als positiv bewertet werden. Allerdings verfügten EU-weit bei Erhebung der Daten kaum 15% der Junglandwirte über eine landwirtschaftliche Grundausbildung und nur 17% über eine komplette landwirtschaftliche Ausbildung – Zahlen, die dennoch überraschen und beunruhigen.

Positiv hervorgehoben werden ebenfalls im Kommissionspapier die Leistungen, die von den Betrieben mit jungen Betriebsleitern erbracht werden: Die Produktivität in diesen Betrieben und deren wirtschaftliche Effizienz liegen wesentlich höher als in den Betrieben mit älteren Betriebsleitern.

In ihren Schlußfolgerungen hält die Kommission insbesondere die Schwierigkeiten beim Zugang zum Boden sowie die Verzögerungen bei der Landübergabe durch die älteren Landwirte fest, um gleichzeitig zu unterstreichen, daß die Junglandwirte hinsichtlich der Modernisierung ihrer Betriebe und der Stärkung von deren Wettbewerbsfähigkeit eine angemessene Unterstützung bei Investitionen benötigen, daneben den Zugang zu Krediten sowie Beratung und Weiterbildung.

Selbst wenn vorgenannte Fakten hinlänglich bekannt sind und sich auch ein gewisses politisches Bewußtsein zu dieser Problematik gebildet hat, ist es dennoch wichtig, immer wieder auf die Notwendigkeit, genügend junge Menschen in der Landwirtschaft zu installieren, hinzuweisen. Dabei stellt sich vor allem auch die Frage, ob die von der Kommission vorgeschlagenen Mittel und Instrumente tatsächlich ausreichen, um das angestrebte Ziel eines erfolgreichen Generationswechsels – einhergehend mit, wie vorstehend erwähnt, der Modernisierung der Betriebe und deren wirtschaftlichen Stärkung – zu erreichen. Die bislang gewährten bzw. nach 2014 geplanten Installierungsbeihilfen sind zweifelsohne wichtig und richtig; positiv ist ebenfalls der Vorschlag der Kommission, den Junglandwirten in den ersten Jahren zusätzliche Direktzahlungen zu gewähren. Dennoch bleibt der Eindruck, daß diese Maßnahmen in mancher Hinsicht eher ein Trostpflaster bleiben. Die Kommission täte allemal gut daran, gerade auch bei der anstehenden Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik – man denke dabei nur an das Problem der Sofa-Farmer –, ihre Vorschläge allgemein auf deren Pertinenz und Kohärenz zu überprüfen, sie täte ebenfalls gut daran, die Preis- und Einkommenssituation in der Landwirtschaft verstärkt im Auge zu behalten.