Die Saison ist noch lange nicht vorbei und es ist heute schon Tatsache, daß uns dieses außergewöhnlich schwierige Jahr noch lange Zeit im Gedächtnis bleiben wird. Es handelt sich um vermehrt aufgetretene Krankheiten im Kartoffelbau, ganz besonders um eine der am meistgefürchteten: die Kraut- und Knollenfäule.
In Luxemburg wurde in dieser Saison der erste Fall von Krautfäule am 10. Juni beobachtet. Seitdem hat der Krankheitsdruck zugenommen und die Fälle von infizierten Parzellen haben sich vervielfacht. Zurzeit tritt das Krankheitsbild in fast allen Parzellen und in unterschiedlichen Graden auf. Bei regelmäßig behandelten Parzellen gelingt es manchmal, die Krankheit zu stoppen oder an einer weiteren Entfaltung zu hindern. Parzellen die jedoch keinem adäquaten Schutz ausgesetzt waren (biologischer Anbau oder schlecht behandelte Parzellen) sind wieder schwer für eine erfolgreiche Ernte zurückzugewinnen. Da die infizierten Parzellen eine große Ansteckungsgefahr bilden, sind Parzellen in der Umgebung enorm gefährdet. Die Sporen dieses Pilzes werden durch den Wind über hunderte Meter verstreut.
Wenn die Krautfäule in einer Parzelle nicht erfolgreich bekämpft werden kann, ist es angebracht, eine Krautabtötung der vollständigen Parzelle durchzuführen, damit eine massive Verseuchung der benachbarten Parzellen vermieden werden kann.
Das Ausmaß und die Entwicklung dieser Krankheit sind auf die vergangenen klimatischen Bedingungen zurückzuführen, welche seit Beginn der Saison anhielten. Nachstehend werden wir diese Krankheit beschreiben.
Beschreibung der Krankheit:
Lateinischer Name: Phytophthora infestans
Krankheitstyp: Pilz
Anzeichen im Feld:
Diese Krankheit beginnt mit dem Befall vereinzelter Pflanzen, verteilt in dem Feld. Die Krankheit verbreitet sich explosionsartig bei warmen und feuchten Bedingungen sowie proportional zu den Wettertemperaturen mit einem Faktor von 1:100. Das bedeutet, daß eine Fläche von 1 infizierten Ar nach einem einzigen Multiplikationszyklus sich auf 1 Hektar erstrecken kann. Da die Zyklen kurz sind (zwischen 4, 5 und 7 Tagen), verbreiten sich die Schäden entsprechend schnell.
Sie verseucht zuerst die gesamte Pflanze, verbreitet sich dann auf die Nachbarpflanzen und weitet sich so von Pflanze zu Pflanze aus. Auf diese Weise bilden sich Kreise, in denen der Befall von außen nach innen, d.h. dort wo der Befall begonnen hat, ansteigt. Im Feld zeichnen sich sekundäre Infektionen oft durch eine Entwicklung in der Windrichtung aus. Die durch die Krautfäule angerichteten Schäden können zum Totalausfall der Ernte führen.
Auf der Pflanze:
Der Parasit breitet sich von den Blättern über den Stiel bis zu den Knollen aus. Die Anzeichen dafür sind braune Flecken auf den Blättern und ein weißer Pilzbefall auf der Blattunterseite, der das gesunde vom befallenen Gewebe deutlich abgrenzt. Der weiße Pilzbelag ist das unverkennbare Zeichen, daß es sich um Krautfäule und nicht um Grauschimmel (Botrytis) handelt, der niemals diese Symptome zeigt und sich eher bei naß-kalten Bedingungen entwickelt. Die befallenen Stengel und Blattstiele sind braun-violett auf einer Länge von 2 bis 10 cm. Bei feuchten Bedingungen sind die Stengel mit einem weißen oder grauweißen Belag überzogen, der von den Fortpflanzungsorganen des Parasiten (Sporangienträger) gebildet wird. Die abgestorbenen Stengel bleiben trocken und steif, aber brüchig, im Gegensatz zu einem Bakterienbefall. (Quelle Fotos: CRA-W Section Systèmes agricoles, Libramont.)
Auf der Knolle:
Der Knollenbefall wird durch starke Regengüsse in der Wachstumsphase begünstigt. Der Befall einer Knolle ist äußerlich oft schlecht sichtbar. Die Schale ist leicht mit bleigrauen, leicht eingesunkenen Flecken übersät. Im Inneren der Knolle zeigt sich eine fleckenartige Braunfärbung des Knollenfleisches (siehe Foto), was leicht mit den Rostflecken am Anfang des Befalls zu verwechseln ist. Die krautfäulegeschädigten Knollen sind sehr oft zusätzlich verseucht durch Bakterien des Typs Pectobacterium (Naßfäule – Schwarzbeinigkeit, Bakterielle Welke, usw.). Schon ein Befall von 5% der Knollen kann einen Totalausfall der Partie zur Folge haben.
Zyklus:
Die Sporen können durch das Auftreten einer längeren Feuchtigkeitsperiode (>90% rel. Luftfeuchte) entstehen.
Die Inkubationszeit hängt von der Temperatur ab (ungefähr 7 Tage bei 13°C und 4,5 Tage bei 19°C).
Die Sporen (= Sporangien) des Pilzes werden vom Wind, von Blattläusen oder Wassertropfen auf die Pflanzen übertragen. Beim Kontakt mit Wasser setzen sie die Zoosporen frei, die auf der Pflanze keimen und in die Blätter und danach in die gesamte Pflanze bis in die Knollen eindringen.
Einige Sporangien werden mit dem Regenwasser durch Bodenspalten in bis zu 5 cm Tiefe weitergeleitet. Beim Kontakt mit einer Knolle setzt die Sporangie die Zoosporen frei und befällt die Knolle direkt.
In Beobachtungen von Forschungszentren sowie in der Fachliteratur wird auf die geschlechtliche Fortpflanzung des Pilzes hingewiesen.
Die geschlechtliche Fortpflanzung des Pilzes (über Oosporen) ist möglich, wenn zwei Pilzmyzelien unterschiedlicher Paarungstypen (Typ A1 und A2) aufeinandertreffen. Die Entwicklung dieser Art der Verbreitung des Pilzes könnte verheerende Schäden mit sich bringen: die Resistenzorgane (Oosporen) können den Boden verseuchen, ohne daß Kraut oder Knollen vorhanden sind, und dies über mehrere Jahre. Im Gegensatz zu den Sporangien, die nicht lange überleben, wenn sie keine zu befallende Pflanze finden können. Außerdem werden durch die sexuelle Fortpflanzung des Pilzes neue, resistente Kreuzungen hervorgerufen.
Bekämpfungsmethoden:
Vorbeugung:
Das Feld sollte während mindestens vier Jahren nicht mit Kartoffeln oder Tomaten kultiviert werden. Auf einer Parzelle, die im Vorjahr mit Kartoffeln bepflanzt war, sind immer noch nicht geerntete Knollen im Boden vorhanden, die wenn sie tief genug stecken, nicht durch Frost absterben. Diese Pflanzen (Durchwuchs) entwickeln sich sehr früh in der Jahreszeit und sind oft infiziert und bilden somit eine wichtige Befallsquelle für die Folgekultur. Die vorbeugende Bekämpfung von Durchwuchskartoffeln mindert ebenfalls das frühe Befallsrisiko von Alternaria, Sclerotinia-Stengelfäule, Wirbelpilz-Welkekrankheit und von Rhizoctonia (Wurzeltöterkrankheit).
Es ist unerläßlich, gesundes Pflanzgut zu verwenden und am Rand der Felder Neuaustrieb zu eliminieren und Kartoffelabfälle zu beseitigen.
Tabelle 1: Anfälligkeit nach Sorten
Sorte |
Krautfäule |
Knollenfäule |
|||
Anosta | Ziemlich anfällig | Sehr wenig anfällig | |||
Bintje | Sehr anfällig | Sehr anfällig | |||
Charlotte | Anfällig | Wenig anfällig | |||
Cleopatra | Sehr anfällig | Wenig anfällig | |||
Corine | Ziemlich anfällig | Wenig anfällig | |||
Désirée | Anfällig | Wenig anfällig | |||
Hermes | Anfällig | Wenig anfällig | |||
Kennebec | Wenig anfällig | Wenig anfällig | |||
Kondor | Wenig anfällig | Sehr wenig anfällig | |||
Linda | Wenig anfällig | Wenig anfällig | |||
Marfona | Anfällig | Wenig anfällig | |||
Monalisa | Anfällig | Ziemlich anfällig | |||
Nicola | Anfällig | Wenig anfällig | |||
Première | Ziemlich anfällig | Ziemlich anfällig | |||
Primura | Sehr anfällig | Anfällig | |||
Spunta | Ziemlich anfällig | Anfällig | |||
Ukama | Sehr anfällig | Wenig anfällig | |||
Victoria | Ziemlich anfällig | Ziemlich anfällig | |||
Die «Durchlüftung» der Parzellen spielt eine wichtige Rolle bei der Verbreitung dieser Krankheit: Parzellen, die feucht bleiben (Waldränder, Täler), sehr dicht bepflanzte Parzellen (Pflanzkartoffeln) begünstigen eine längere Feuchtigkeit der Blätter und somit eine Infektion.
Die Sortenwahl ist ebenfalls sehr wichtig. Die Tabelle 1 zeigt die wichtigsten in Luxemburg angebauten Sorten. Einige sind sehr anfällig für diese Krankheit, wobei andere Sorten resistenter sind. Zudem gibt es unterschiedliche Anfälligkeiten bei Kraut- und bei Knollenfäule. Dies kann die Sortenwahl des Erzeugers auch erschweren, der die Gegebenheiten seiner Böden sowie die wirtschaftlichen und kommerziellen Kriterien berücksichtigen muß.
Chemische Bekämpfung:
Während der Kulturzeit ist der Schutz durch chemische Mittel unerläßlich, um die Knollen bis zur Ernte gesundzuhalten. Die hohen Risiken des Ertrags- und Qualitätsausfalls machen eine Bekämpfung auf Basis von systematischen Spritzungen mit Fungiziden erforderlich. Seit einigen Jahren bestehen in verschiedenen Erzeugerländern der EU (darunter auch Luxemburg) durch öffentliche Stellen eingerichtete Warndienste.
Vor kurzem getroffene Übereinkünfte ermöglichen heute auch den luxemburgischen Kartoffelerzeugern eine Warndienst-gestützte, gezielte und effiziente Bekämpfung dieser Krankheit. Die Warndienste sind verfügbar per Fax, sowie per E-Mail (Infos: 92 11 67 23).
Die momentan erhältlichen Mittel lassen sich in vier Kategorien aufteilen:
- Klasse 1: Kontaktmittel ohne Schutz der Knollen. Diese Produkte verhindern die Keimung der Sporen. Sie müssen grundsätzlich vorbeugend (präventiv) eingesetzt werden und verhindern durch einen dichten Belag auf der Blattoberfläche ein Eindringen der Sporen ins Blatt. Der Blattneuzuwachs wird nicht geschützt. Sie sollten deshalb vornehmlich bei geringem Krautwachstum eingesetzt werden. Kontaktmittel sollten außerdem vorrangig in Trockenperioden und bei geringem Infektionsdruck zum Einsatz kommen. Mittlerweile bestehen Produkte auf Basis von Mancozeb.
- Klasse 2: Kontaktmittel mit Schutz der Knollen. Diese Produkte ermöglichen den Schutz der Blätter, aber auch den der Knollen. Siewerden am Ende der Vegetation eingesetzt.
In dieser Klasse befinden sich vor allem Produkte auf Basis von Kupfer, von denen einige für den biologischen Anbau zugelassen sind (nicht kompatibel mit der Verwendung von Mineralöl-Produkten, die bei Pflanzkartoffeln eingesetzt werden). Ihr größter Nachteil ist, daß das Produkt durch jeden Regenschauer abgewaschen wird und somit eine Neubehandlung erforderlich wird. Andere Produkte in dieser Klasse sind bzgl. der Abwaschung durch Regenschauer sehr widerstandsfähig.
- Klasse 3: Teilsystemische Produkte mit vorbeugender und heilender Wirkung. Diese Produkte bestehen aus einem Kontaktwirkstoff und einem teilsystemischen Wirkstoff. Letzterer wird im Blatt verteilt. Deshalb können diese Mittel auch früh (in der aktiven Wachstumsphase der Kartoffelbestände – bei mittlerem Krautwachstum) eingesetzt werden. Allerdings werden neue Blätter nicht geschützt. Die Regenbeständigkeit ist besser als bei reinen Kontaktmitteln, so daß teilsystemische Mittel bei unbeständiger Witterung interessant sind. Sie haben eine heilende Wirkung, die jedoch auf einen Tag beschränkt ist, d.h. sie bekämpfen die auf den Blättern gekeimten Zoosporen, welche versuchen, in die Pflanze einzudringen.
- Klasse 4: Systemische Produkte mit vorbeugender und heilender Wirkung. Diese Produkte bestehen aus einem Kontaktwirkstoff und einem systemischen Wirkstoff. Letzterer wird in der ganzen Pflanze verteilt, so daß auch der Neuzuwachs geschützt ist. Diese Mittel sollten in der vorderen Hälfte der Spritzfolge bei unbeständiger Witterung und hohem Krautwachstum eingesetzt werden. Sie besitzen eine sehr gute vorbeugende und heilende Wirkung über 2 Tage. Bei diesen Produkten können sich bei mehrmaligem Einsatz Resistenzstämme der Phytophthora bilden. Dies ist auch der Grund, warum nur 2 Anwendungen von diesem Produkt pro Saison angewendet werden sollen. Aus gleichen Gründen ist dies nicht ratsam, falls sich die Krautfäule bereits in der Parzelle ausgebreitet hat.
Konservierung – Lagerung:
Die durch diese Krankheit verursachten Schäden beschränken sich nicht nur auf die, welche in der Kultur zu beobachten waren. Die Erhaltung und Lagerung der Kartoffeln, welche von Krautfäule gefährdet waren, ist äußerst schwer. Es gibt kein chemisches Mittel, welches die Entwicklung der Krankheit in der Lagerung bekämpft. Das einzige Mittel, um Schäden zu begrenzen, ist ein peinlich genaues Rangieren vor der Lagerung, was in Anbetracht der Tatsache, daß die infizierten Knollen nicht immer erkennbar sind, sehr mühsam ist. Im Laufe der Ernte ist es wichtig, keine Teile vom Feld zu ernten, die stark angesteckt worden sind. Es ist besser, einige Quadratmeter der Produktion zu verlieren, anstelle das Risiko einzugehen, seine ganze Ernte zu verlieren.
Ratschläge für Klein- und Hobbygärtner:
- Verwenden Sie gesundes Pflanzgut und bepflanzen Sie niemals die gleiche Parzelle in zwei aufeinander folgenden Jahren mit Kartoffeln.
- Es ist wichtig, den Durchwuchs auf Parzellen, auf Komposthaufen und auf den Nachbarfeldern zu entfernen, da die Sporen vom Durchwuchs (welcher meistens infiziert ist) die Nachbarfelder infizieren können.
- Spritzen Sie Ihre Kartoffeln mit Kontaktmitteln bei feucht-warmem Wetter.
- Pflanzen Sie an für die Sonne zugängliche Stellen, um das Trocknen der Blätter zu ermöglichen. Begießen Sie nicht die Blätter, sondern direkt den Boden.
- Wählen Sie eine resistente Sorte (z.B. eher Victoria als Bintje).
- Bei Befall: entfernen Sie die befallenen Stauden, um die Knollen und die Nachbarpflanzen zu schützen. Verbrennen Sie das befallene Kraut (nicht kompostieren).
Thomas Toussaint, SYNPLANTS (E’slecker Setzgromperegenossenschaft)