Am 1. Dezember blickte die Luxemburger Saatbaugenossenschaft (LSG) bei ihrer Generalversammlung im Agrocenter in Mersch auf das Geschäftsjahr 2010/2011 zurück. Das vergangene Jahr wurde schon als schwieriges Jahr empfunden wegen der früh einsetzenden und lange anhaltenden Hitze, die im Ackerbau die Erträge schrumpfen ließ, und des überaus nassen Augustmonats, der die Erntebedingungen deutlich erschwerte. Doch das Jahr 2011 war natürlich noch schwieriger mit seiner extremen Frühjahrstrockenheit, die sich insbesondere auf die Sommerungen stark ertragsmindernd auswirkte.
Hierauf kam LSG-Präsident Henri Reding eingangs zu sprechen. Er merkte hierzu an, daß wenigstens die Preise in der aktuellen Saison gut seien und die Marktsituation ebenfalls. „Die Lager seien derzeit so leer wie schon lange nicht mehr“, versicherte der Präsident. Außerdem machte Henri Reding auf die Notwendigkeit von verstärkten Rücklagen für den Neubau in Colmar-Berg aufmerksam.
Winterungen sehr gefragt
LSG-Direktor Henri Noesen kam anschließend auf die Aktivitäten des Geschäftsjahrs 2010/2011 zu sprechen. Bei der Flächenplanung ergaben sich 990 ha Winterungen und 830 ha Sommerungen, somit insgesamt 18% weniger als im Jahr zuvor. 36 ha Winterungen und 24 ha Sommerungen wurden auf dem Feld aberkannt, meistens wegen Vermischungen.
Es wurden brutto 6.410 t Winterungen und 3.637 t Sommerungen abgeliefert. An den abgelieferten Mengen hatte bei den Winterungen Wintergerste den größten Anteil mit 33%. Es folgen Winterweizen und -triticale mit je 31%. Die übrigen 5% teilen sich auf in Roggen und Spelz. Die Bruttoerträge bei den drei wichtigsten Winterungen betrugen 69 dt/ha (Gerste), 66 dt/ha (Weizen) und 63 dt/ha (Triticale). Von der Bruttoware von insgesamt 10.047 t entfielen etwa 64% auf die Winterungen.
Bei den Sommerungen kam die Sommergerste auf einen Anteil von 47%, Sommerhafer auf 28%, Sommerweizen auf 17% und Sommertriticale auf 8%. Die Bruttoerträge der drei wichtigsten Kulturen betragen 50 dt/ha (Gerste), 45 dt/ha (Hafer) und 47 dt/ha (Weizen). Etwas besser schnitt mit 55 dt/ha Triticale ab.
Verkauft wurden insgesamt 8.627 Tonnen Saatgetreide, davon 61% Winterungen. Gegenüber dem Vorjahr war dies eine Steigerung um 11%. Die größten verkauften Tonnagen waren für Winterweizen (1.901 t), Sommergerste (1.697 t) und Wintertriticale (1.679 t) zu verzeichnen. Beim Winterweizenverkauf gab es bezüglich Tonnage folgende Verteilung: 26% E-Sorten, 36% A-Sorten und 38% B/C-Sorten.
Neben diesen Kulturen wurde Mais-, Raps- und Grassaatgut verkauft. Beim Grassaatgut war es mit mehr als 300 t etwa doppelt soviel wie im Jahr zuvor.
Starke Umsatzsteigerung
In der nachfolgenden Vorstellung der Gewinn- und Verlustrechnung war vor allen Dingen eins bemerkenswert: Die Steigerung des Umsatzes um 31% auf mehr als 5,7 Mio. Euro. Das gute Resultat von 2008/09 wurde deutlich übertroffen. Als Gewinn ergibt sich ein Betrag von 3.760,30 Euro. Aufsichtsratspräsident Camille Steichen konnte anschließend von einer korrekten Kontenführung berichten. Er lobte die gute Arbeit im abgelaufenen Geschäftsjahr. Der Aufsichtsratspräsident machte auf die jüngsten Investitionen aufmerksam, die dringend notwendig gewesen seien. Dazu gehört der Probenstecher und das Analysegerät für die Ermittlung der Probenqualität. Der aus Altersgründen ausscheidende Präsident des Aufsichtsrats bedankte sich für das Vertrauen, das man ihm in 31 Jahren LSG-Aufsichtsratstätigkeit entgegengebracht hat und wünschte der Genossenschaft viel Glück bei den anstehenden Herausforderungen. Sein Sohn Alex, der als einziger für den freiwerdenden Aufsichtsratsposten kandidierte, wurde in der Versammlung als neues Mitglied bestätigt.
Die Entlastung der Führungsgremien durch die Versammlung geschah einstimmig. Das Eintrittsgeld wurde in seiner Höhe beibehalten. Die Versammlung stimmte auch dem jährlich angefragten Punkt des Vorstandes zu, im Bedarfsfall einen Bankkredit aufnehmen zu können.
Des weiteren wurde während der Versammlung der neue LSG-Mitarbeiter Tom Ludivig aus Bourscheid vorgestellt, der seit 1. September vor allem für die Mitgliederbetreuung zuständig ist.
Ertrag schlecht, Absatz gut
LSG-Direktor Henri Noesen kam anschließend auf das neue Geschäftsjahr 2011/2012 zu sprechen. Die Ernte lag nochmals schlechter als im Vorjahr. Der Direktor konnte jedoch von einem guten Absatz und einem hohen Exportanteil von 60% berichten. Brutto wurden 10.800 t abgeliefert. Davon entfielen 63% auf die Winterungen.
Bei der Flächenplanung für das Kulturjahr 2011 ergaben sich bei den Winterungen rund 200 ha mehr als 2010, während bei den Sommerungen nur etwas mehr als 40 ha hinzukamen. Vor allem Wintertriticale legte mit einem Plus von 129 ha stark zu. Es wurden 51 ha Winterungen und 6,5 ha Sommerungen auf dem Feld aberkannt.
Bei den abgelieferten Mengen stach Wintertriticale natürlich deutlich hervor. Anteilsmäßig machte diese Kultur bei den Winterungen 40% aus, gefolgt von Winterweizen mit 30% und Wintergerste mit 23%. Insgesamt wurden 6.809 t brutto abgeliefert. Bei den Bruttoerträgen lag diesmal Winterweizen mit 65 dt/ha vorn, vor Wintertriticale mit 64 dt/ha und Winterroggen mit 55 dt/ha. Wintergerste kam nur auf 54 dt/ha.
Bei den Sommerungen kam die Sommergerste auf einen Anteil von 38%, Sommerhafer auf 31%, Sommerweizen auf 15% und Sommertriticale auf 10%. Beim Bruttoertrag waren die Ergebnisse noch magerer als 2010. „Es fehlten rund 20 dt/ha“, so das Fazit von Henri Noesen. Vor allem Sommergerste und Sommerhafer ließen ertraglich gegenüber 2010 nochmals deutlich Federn. Das „beste vom schlechten“ ist Sommertricale mit 48 dt/ha, gefolgt von Sommerweizen mit 40 dt/ha und Wintergerste mit nur mageren 36 dt/ha. Sommerhafer drosch mit äußerst mageren 31 dt/ha.
Es wurden 6.112 Tonnen Wintersaatgetreide verkauft, somit 843 Tonnen mehr als im Vorjahr. Davon entfallen 39% auf Wintertriticale, während Winterweizen mit 28% und Wintergerste mit 27% in etwa gleichauf liegen. Bei Wintertriticale beträgt der Zuwachs gegenüber dem Vorjahr 44%, bei Wintergerste noch beachtliche 19%. Der Verkauf von Winterweizen (minus 11%) war hingegen rückläufig. Anteilsmäßig wurden 39% E-Sorten, 27% A-Sorten und 34% B/C-Sorten verkauft.
Ressortminister sagt Unterstützung zu
Landwirtschaftsminister Schneider hob das gute Resultat des vergangenen Geschäftsjahres lobend hervor. Der Minister zollte auch den implizierten staatlichen Stellen Lob, die ebenfalls einen wichtigen Beitrag dazu leisten, daß Saatgut aus Luxemburg wegen seiner Qualität auch im Ausland gefragt ist.
Auch Minister Schneider sprach von einem schwierigen Jahr 2011, wo es stets zur falschen Zeit trocken oder naß gewesen sei. Er sagte der LSG seine Unterstützung bei dem geplanten Bau einer neuen Saatgutstation zu und erwähnte diesbezüglich, daß die Prozeduren derzeit normal vonstattengehen.
Des weiteren kam der Minister auf Herausforderungen für die Landwirtschaft allgemein zu sprechen. So zum Beispiel die Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik. Hierzu kündigte er für Juni 2012 ein nächstes Agrartreffen mit den landwirtschaftlichen Vereinigungen an. Schließlich machte er deutlich, daß die Landwirtschaft weltweit vor großen Herausforderungen steht, müssen doch trotz des Klimawandels und limitierter Ackerflächen die geernteten Mengen binnen vier Jahrzehnten weltweit um 70% gesteigert werden. Die Pflanzenzüchtung stehe vor der Herausforderung, neue Sorten zu entwickeln, die hinsichtlich Ertrag, Resistenzen und Qualität besser seien als die heutigen.
Beizstellen- Zertifizierung wird immer wichtiger
Birgit Paulsen von der in Bonn ansässigen Gesellschaft SeedGuard hielt im Anschluß einen Vortrag zum Thema „Vorsorglicher Umweltschutz durch Qualitätssicherung in der Saatgutbeizung“. „SeedGuard Gesellschaft für Saatgutqualität mbH“ wurde im Mai dieses Jahres in Deutschland von sieben Verbänden gegründet, darunter der Bundesverband Deutscher Pflanzenzüchter und der Bundesverband Deutscher Saatguterzeuger. Ziel der Gründung ist eine Sicherung der Beizqualität mittels Zertifizierung der Beizstellen.
Daß hierzu Handlungsbedarf besteht, erläuterte die Referentin anhand des Desasters von 2008, als durch Beizmittelstäube im Zuge der Maissaat in manchen Teilen Deutschlands ein massives Bienensterben zu verzeichnen war. Es folgten Ausbringungsverbote für das betreffende Beizmittel, Grenzwerte für den Abrieb von Beizmitteln nach der Beizung sowie das Gebot, daß die Beizung nur noch in professionellen Anlagen erfolgen durfte.
Im Saatgutsektor wünschte man sich die Aufhebung des Zulassungsverbots für das entsprechende insektizide Mittel, da die Beizung allemal umweltschonender ist als eine Insektizidausbringung. Im Zentrum der Überlegungen stand deshalb der erforderliche Nachweis der Unbedenklichkeit des Mittels durch eine sachgerechte Beizung. Ziele der Saatgutwirtschaft und der zuständigen Behörden waren also u.a., den Beizprozeß zu verbessern, den Abrieb zu reduzieren und die Anwender zu schulen.
Richtungsweisend war diesbezüglich das Pilotprojekt „Zertifizierte Rapsbeizstelle“, eine gemeinschaftliche Initiative der Rapszüchter in Deutschland, des Bundesamts für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) und des Julius Kühn-Instituts (JKI). Während dieses Pilotprojekts haben die beiden beteiligten Behörden Checklisten in puncto Anforderungen an einen optimalen Beizprozeß entwickelt. So wurden u.a. Referenzwerte für den Abrieb festgelegt. Die Checklisten dienen nun als Grundlage für eine neutrale Zertifizierung von Beizstellen in Sachen Raps.
Birgit Paulsen merkte an, daß es nach dem erfolgreichen Pilotprojekt nun Folgeprojekte für Mais, Getreide und Zuckerrüben geben wird. Des weiteren erwähnte sie ein ESA-Projekt auf EU-Ebene, bei dem ein „QS-System Beizung“ aufgebaut werden soll. Die Resultate dieser Projekte fließen in die Arbeiten für SeedGuard ein.
Als zentrale Aufgabe von Seed- Guard nannte die Referentin die Schaffung eines Leitfadens zur Zertifizierung von Beizstellen als einheitliches Regelwerk. Es soll hierbei kein starres System vorgegeben, sondern der Leitfaden soll jeweils an neue Anforderungen und Erkenntnisse angepaßt werden. Hierzu wird es eine webbasierte Datenbank geben, die in Kürze verfügbar sein wird.
Birgit Paulsen hob hervor, daß die anzuwendenden Kriterien bei SeedGuard praxisgerecht sein müssen und jeweils an die Anforderungen angepaßt werden.
Ziel von SeedGuard ist es nun, in Kooperation mit professionellen Zertifizierungsstellen sicherzustellen, daß Umwelt- und Anwenderfreundlichkeit der Beizung nachhaltig gesichert und perfektioniert werden. Die Zertifizierungsstellen werden hierzu Vor-Ort-Kontrollen bei den teilnehmenden Beizstellen durchführen und hierbei die Konformität mit der vorhandenen Checkliste überprüfen und gegebenenfalls das Verbesserungspotential aufzeigen. Die Teilnahme der Beizstellen an einer Zertifizierung ist bis auf weiteres freiwillig. Auf EU-Ebene wird jedoch bereits über einen gesetzlichen Rahmen nachgedacht.
Für das Rapssaatgut wird es nach den Worten von Birgit Paulsen für die Winteraussaat 2012 möglich sein, Saatgut aus zertifizierten Beizstellen anzubieten. Ob es beim Mais für die Aussaat 2012 reichen wird, ist noch nicht sicher. Die anderen wichtigen Kulturen werden folgen.
LSG-Vizepräsident Carlo Hess bedankte sich bei der Referentin für den interessanten Vortrag und hob hervor, daß die Beizmittelthematik momentan schon eine wichtige Rolle spiele. Zum Extremjahr 2011 sagte er, daß man selten so große Unterschiede bei den Beständen beobachten könne wie in diesem Jahr. Der Vizepräsident erwähnte abschließend eine für den Winter geplante Fahrt nach Straßburg, wo die LSG von Charles Goerens im Europaparlament empfangen wird.
Nach dem Abschluß der Tagesordnung stellte LSG-Direktor Henri Noesen in Kürze die einzelnen Beiträge im Jubiläumsbuch vor. Die anwesenden Autoren bekamen vor Ort ein Exemplar des Buches sowie ein Geschenk überreicht.