Bei internationalen Verkostungen von Branntweinen schneidet Luxemburg immer wieder hervorragend ab. Das kommt nicht von ungefähr. Mit der 1986 eingeführten Marque Nationale des Eaux-de-vie wurde eine unabhängige Stelle geschaffen, die die Produktion von Qualitätsbranntweinen promovierte. Eine umfassende staatliche Kontrolle garantiert hohe Qualitätsstandards und etliche heimische Brenner haben seit der Einführung auf dieses Pferd gesetzt und profitieren seitdem davon, daß die Qualität ihrer Produkte von unabhängiger Seite überprüft und in der Regel auch bestätigt wird. Am 22. November wurde das 25jährige Bestehen der Branntwein- Nationalmarke in der Diekircher Hotelschule mit einer akademischen Festsitzung und einem anschließenden Festessen gefeiert. Neben den heimischen Brennern hatten sich auch zahlreiche Ehrengäste zur Jubiläumsfeier eingefunden, darunter Landwirtschaftsminister Romain Schneider. Musikalisch umrahmt wurde die Feier von den „Izeger Heebléiser“.
Internationale Topqualität
Der Präsident der Branntwein-Nationalmarke, Paul Thill, erinnerte eingangs an die lange Brenntradition in Luxemburg. Um 1800 habe fast jeder landwirtschaftliche Betrieb eine Brennerei gehabt und selbst 1946 seien es noch rund 1.000 Brennereien gewesen. Heute zählt man nur noch 80 Brennereien. Als Ursachen nannte Paul Thill die fortschreitende Spezialisierung der landwirtschaftlichen Betriebe und den Rückgang des Absatzes, bedingt durch veränderte Konsumgewohnheiten.
Der Präsident machte im folgenden deutlich, daß die heimischen Branntweine qualitativ besser sind als die anderen Spirituosen hierzulande, aber auch besser sein müssen angesichts einer Importquote von 90%. Er stellte klar, daß man den oft industriell gefertigten Konkurrenzprodukten aus dem Ausland qualitativ Paroli bieten kann. So machte er u.a. darauf aufmerksam, daß man mit Marc de Riesling, Marc de Gewurztraminer usw. hervorragende Weintresterprodukte an der Mosel brennt, die den Vergleich mit der italienischen Konkurrenz nicht zu scheuen brauchen. Des weiteren wies er auf die zahlreichen Medaillen und Auszeichnungen für Branntweine aus heimischer Produktion hin. Dabei sind vor allem der internationale Wettbewerb für Brannweine und Fruchtliköre in Metz, der Concours Mondial de Bruxelles sowie der Wettbewerb der Deutschen Landwirtschaftsgesellschaft zu nennen. Bei Obstbränden habe man qualitativ einen Spitzenplatz in der Welt.
Abschließend nannte der Präsident noch zwei Projekte, die die Branntwein- Nationalmarke in Angriff nimmt. Zum einen geht es um die Möglichkeit der Etikettierung mit selbstklebenden Etiketten, zum anderen um die Erweiterung des zulässigen Branntwein-Sortiments um Eaux-de-vin und Prunes sowie um eine geplante Sensorikausbildung für die Mitglieder der „Schmaachkommissioun“.
Qualitätsbemühungen haben Tradition
Das eigentliche Festreferat wurde von Marcel Probst, Sekretär der Branntwein-Nationalmarke, gehalten. Der Festreferent holte zunächst weit aus und kam auf die ersten nachweislichen Bemühungen zur Qualitätsverbesserung von Branntweinen zu sprechen. Diese gehen zurück auf Anton Biewer, der als Assistent an der landwirtschaftlichen Staats- und Kontrollstation von Ettelbrück Ende des 19. Jahrhunderts drei Publikationen herausbrachte, die sich mit der Qualität dieses Produkts befaßten. Nachdem 1932 die gesetzliche Basis zur Schaffung von Nationalmarken geschaffen wurde, dauerte es noch 14 Jahre, bis eine solche für Branntweine in Kraft treten konnte. Doch dieser ersten Branntwein-Nationalmarke sollte kein Erfolg beschieden sein. Schon 1952 wurde sie eingestellt, weil seitens der Brenner kein Interesse mehr daran bestand.
Erst in den 60er Jahren gab es wieder Bewegung im Brennereiwesen. Der nationale Verband der landwirtschaftlichen Brenner wurde 1962 geschaffen und 1965 wurde bereits an einem neuen Reglement für eine Branntwein-Nationalmarke gearbeitet. Es blieb jedoch vorläufig bei einem Projekt, weil es bei manchen Streitpunkten unter den Akteuren keine Einigung gab. Erst 1974 kam wieder etwas Bewegung in das Dossier. Doch es sollte weitere sieben Jahre dauern, bis endlich eine Kommission geschaffen wurde, die sich konkreter mit der Schaffung einer Branntwein-Nationalmarke auseinandersetzte. In dieser Kommission waren von Seiten der Brenner die Herren Henri Dussier, Gaston Dahm und Nicolas Duhr vertreten. Von Seiten des ASTA-Laboratoriums wirkte Marcel Haas, der Chef der mikrobiologischen Abteilung, mit. Am 21. Juni 1985 wurde schlußendlich das Reglement für die neue Branntwein-Nationalmarke durch Regierungsbeschluß verabschiedet. Dieses glich in großen Zügen dem Entwurf von 1965. Die erste Verwaltungskommission (die zugleich als „Schmaachkommissioun“ für die Geschmacksprüfungen zuständig ist) wurde am 15.10.1985 ernannt und bestand aus drei Brennern, drei Staatsvertretern, zwei Konsumentenvertretern und einem Vertreter des Handels. Erster Präsident wurde Marcel Haas. Die weiteren Mitglieder waren Nicolas Duhr, Henri Dussier, Aloyse Miny, Pierre Marjay, Nic Kinnen, Pierre Toussaint, Joseph Sinner und François Arendt.
Immer wieder Anpassungen und Erweiterungen des Reglements
Am 30.4.1986 kam die „Schmaachkommissioun“ zum ersten Male zusammen und bewertete Zwetschgen- Branntweine. In den beiden folgenden Jahren fanden mehrere wichtige Veranstaltungen statt, um die Branntwein- Nationalmarke in der breiten Öffentlichkeit bekanntzumachen. Im Frühjahr 1987 gab es eine Pressekonferenz im ASTA-Laboratorium in Ettelbrück. Im November 1988 wurde die Nationalmarke in der Hotelschule vorgestellt. Und am 30.11.1988 empfing Staatsminister Jacques Santer die Verwaltungskommission der Branntwein-Nationalmarke.
1991 kam es erstmals zu Abänderungen im Reglement. Die wichtigsten waren damals: die Erweiterung des Sortiments um Quitten, Himbeer, Päerdsbeer und Holunder, das Drukken der Sorte auf die Colerette und die Erweiterung der Verwaltungskommission um Ersatzmitglieder. Die Ersatzmitglieder wurden im Februar 1992 bestimmt. 1994 gab es Nachbesserungen bei den Qualitätskriterien.
Nachdem René Meyers die Präsidentschaft im Februar 1995 übernommen hatte, gab es eine zweite Aufbesserung des Reglements, die ein Jahr später in Kraft trat. Damals wurde Eaux-de-vie de Vin eingeführt, die Etikettierung flexibilisiert und die Palette der zulässigen Flaschengrößen erweitert.
Fast 500.000 Liter bis heute
Seit Bestehen der Nationalmarke wurde die Verwaltungskommission fünfmal erneuert, zuletzt 2010, als Paul Thill die Präsidentschaft von René Meyers übernahm. Seit der Gründung fanden 227 Branntwein- Verkostungen statt, bei denen 2.337 Proben getestet wurden. Bis dato wurden insgesamt 492.790 l Branntwein von mehr als 50 Brennereibetrieben für eine Prüfung angestellt, wovon 405.170 l prämiert wurden. Dies ergibt eine Erfolgsquote von 82%. Regelmäßig stellten mehr als 20 Brenner ihre Produkte für eine Prämierung an. Beim Volumen liegt Mirabelle mit rund 30% an erster Stelle, gefolgt von Äppel, Quetsch, Poire Williams und Neelchesbiren.
Seit den Anfängen hat sich die Qualität der angestellten Produkte deutlich verbessert, hob Marcel Probst lobend hervor. Lag die Erfolgsquote in den ersten zwölf Jahren noch bei durchschnittlich 77%, so stieg diese in der zweiten Hälfte auf 88%.
Auch innerhalb des prämierten Sortiments ist eine Qualitätssteigerung abzulesen. Während in den ersten zwölf Jahren 42% der Proben von der Prüfungskommission mindestens 15 von maximal 20 Punkten erhielten, waren es in den letzten zehn Jahren 10% mehr. Marcel Probst machte noch auf das veränderte Angebot aufgrund der sich wandelnden Nachfrage aufmerksam. Die sogenannten Edelsorten Mirabelle, Poire Williams, Framboise und Marc nehmen stetig zu, während Quetsch, Äppel und Frucht rückläufig sind. Im Durchschnitt ist auch der Alkoholgehalt, der einst 47% betrug, auf 43-44% gesunken. „Dies kann man als positiv bewerten, da hierdurch die Qualität der MN Branntweine besser zum Ausdruck kommt“, versicherte der Sekretär.
Daß diese Qualität auch international gut ankommt, zeigte der Festredner anhand der Resultate des „Concours international des Eaux-de-vie et licqueurs de fruits de Metz“ auf, wo die heimischen Brenner seit 1994 regelmäßig teilnehmen. Seitdem errangen sie dort 136 Mal „Edelmetall“, und zwar 34 Gold-, 57 Silber- und 45 Bronzemedaillen.
Schließlich machte Marcel Probst auf die Bemühungen aufmerksam, die Qualitätsbrennereien einem breiten Publikum bekanntzumachen. Hierzu gehören Flyer der Marque Nationale, eine ONT-Broschüre, aber auch weitere Publikationen, u.a. in Fachbüchern des Heel-Verlags („Trester: Das Elixier der Moselsonne“ sowie „Außergewöhnliche Brände, Schnapsbrenner, Destillate, Raritäten“). Und des weiteren ist in diesem Kontext der alljährliche Stand der Marque Nationale auf der Frühjahrsmesse zu nennen.
Abschließend wies der Festredner auf die Notwendigkeit weiterer Anstrengungen hin, um die Brenner und die Qualität von deren Produkten noch bekannter zu machen.
Landwirtschaftsminister Romain Schneider lobte in seiner kurzen Ansprache die Branntwein-Nationalmarke und die landwirtschaftlichen Brenner, machte aber gleichzeitig deutlich, daß neben der Qualität auch das Marketing stimmen muß, um gegenüber der Konkurrenz zu bestehen. Der Ressortchef hob zudem die Wichtigkeit der Branntweinproduktion für die Erhaltung des Streuobstbaus in Luxemburg hervor. Des weiteren bezeichnete er die MN-Qualitätsbranntweine als wichtige Produkte im Rahmen von „Sou schmaacht Lëtzebuerg“. Romain Schneider bedankte sich abschließend bei all denen, ohne die die Nationalmarke nicht zustande gekommen wäre.
Zum Abschluß der akademischen Festsitzung wurden eine Reihe von Persönlichkeiten geehrt. Zunächst ergingen Ehrungen an folgende 13 Brennereien, die seit 25 Jahren MNBranntweine produzieren: Eugènie Aust-Huberty, Bettel; Gaston Dahm- Barzen, Herborn; Jean Dahm-Reiter, Lilien; Camille Duhr-Mergen, Niederdonven; Albert Fisch-Schroeder et fils, Calmus; Margot Guillon & Pit Dolizy, Ehnen; Emile Kayser- Duhr, Bech-Kleinmacher; Maria Kinnen- Lenertz & fils, Rippig; Egide Max-Lahr et fils, Ahn; Michel Miny- Dahm, Nommern; Guillaume Streng et fils, Grevenmacher; Pierre Walch, Haller; André Weber, Wormeldange- Haut.
Des weiteren wurden Mitglieder der Verwaltungskommission geehrt, die 25 Jahre diese Funktion wahrnahmen und teilweise noch wahrnehmen. Dies waren: François Arendt, als Vertreter des Gesundheitsministeriums in der Kommission und zuvor schon Mitglied der Vorbereitungskommission; Nicolas Duhr und Aloyse Miny, beide als Vertreter der Landwirtschaftskammer in der Kommission, Nicolas Duhr zusätzlich Vertreter in der Vorbereitungskommission; Michel Neuser, als Vertreter des Konsumentenschutzes in der Kommission. Ehrungen gingen zudem an René Meyers, Präsident von 1995-2010, Christiane Kohl-Thilges, während zehn Jahren verantwortlich für den MN-Branntwein am Marque Nationale- Stand auf der Frühjahrsmesse, Gisèle Thiébaut, Sekretärin des bekannten Metzer Wettbewerbs für Branntweine und Fruchtliköre und Dieter Sonne, Spezialitätenbrenner aus dem Moselort Veldenz, auf dessen Anregung hin heimische Brenner die Gelegenheit bekamen, sich an den oben angeführten Veröffentlichungen im Heel-Verlag zu beteiligen.