Zum derzeitigen Zeitpunkt, wo die Trilog-Verhandlungen zwischen Rat, Kommission und Parlament zur Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik auf der Zielgerade sind – politischer Wille ist es nach wie vor, und trotz aller Schwierigkeiten, eine diesbezügliche Einigung bei der Agrarratssitzung vom 24./25. Juni zu erzielen – hatte das hiesige Landwirtschaftsministerium Anfang der Woche vom 10. auf den 16. Juni die Akteure aus Landwirtschaft, Wein- und Gartenbau zu einem Meinungsaustausch zur anstehenden Problematik eingeladen.
Direktzahlungen, Ausgleichszulage für benachteiligte Gebiete, Landschaftspflegeprämie und Agrarumweltmaßnahmen sowie die künftigen Investitionsbeihilfen waren denn auch die Hauptdiskussionsthemen bei diesem Treffen. Es sind dies alles Maßnahmen, die von entscheidender Bedeutung für die Zukunft der Landwirtschaft und das Überleben glattweg der Betriebe sind. Werden nämlich heute die Akzente dabei in die falsche Richtung gestellt, so wird sich dies langfristig besonders schädigend auf den gesamten Agrarsektor auswirken.
Wesentliche Punkte bei der Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik für die hiesige Landwirtschaft sind, neben dem Greening, die Konvergenz der Direktzahlungen sowie die Neudefinition der benachteiligten Gebiete.
Die Verhandlungen mit der EU-Kommission zu letzterem Dossier sind noch nicht abgeschlossen. Allerdings scheint das, was bereits geahnt wurde, sich zu bestätigen: Nicht alle hierzulande landwirtschaftlich genutzten Flächen dürften künftig noch als benachteiligt im Sinne der europäischen Reglementierung gelten. Ein solcher, neuer Tatbestand hätte selbstverständlich äußerst drastische Auswirkungen auf die betroffenen Betriebe. Es ist dies eine grundlegende Problematik, auf die zurückzukommen sein wird, in deren Zusammenhang die Bauernzentrale das Landwirtschaftsministerium nochmals nachdrücklichst aufgefordert, alles daranzusetzen, damit in dieser kruzialen Frage die Interessen der hiesigen Landwirtschaft sich durchsetzen, d.h. sämtliche landwirtschaftlich genutzten Flächen auch weiterhin als benachteiligt gelten und in den Genuß der entsprechenden Ausgleichszulage, die ein wesentlicher Teil des Betriebseinkommens ausmacht, kommen.
Auf die sich im Zusammenhang mit der Konvergenz der Direktzahlungen stellende Problematik wurde bereits mehrfach verwiesen. Konvergenz bedeutet Mittelumverteilung zwischen den Betrieben, Aufstockung der Direktzahlungen für die einen, mehr oder minder starke Kürzungen für die anderen.
Bei der Konvergenz geht es somit auch um die künftige Ausrichtung der Landwirtschaft und in dem Sinn wäre es sicherlich sinnvoll, so wie dies im übrigen bereits im Zusammenhang mit dem kommenden Agrargesetz unterstrichen wurde, über die gewollten und angestrebten agrarpolitischen Zielsetzungen zu diskutieren, u.a. mit der Frage, welche Landwirtschaft wollen bzw. brauchen wir, welche Stützungsmaßnahmen brauchen die Betriebe, um in einem immer stärker umkämpften Markt mithalten zu können?
Bei der Diskussion am vergangenen Montag zu den Direktzahlungen waren alle Akteure aus der Landwirtschaft sich einig, daß der Hauptakzent auf die Förderung der hauptberuflichen Betriebe bzw. auf die Betriebe, die einen wesentlichen Anteil ihres Einkommens aus der Landwirtschaft beziehen, gelegt werden muß, daß es vor allem jedoch auch gilt, einer Verschiebung der Mittel von arbeitsintensiven Viehhaltungsbetrieben auf extensive Betriebe zu verhindern. Fatal wäre es allemal, wenn gerade den viehhaltenden Betrieben drastische Kürzungen aufgebürdet würden, während extensiv geführte Betriebe bzw. Hobbylandwirtschaft begünstigt würden.
Unterstrichen wurde ebenfalls, daß zum einen die Auswirkungen auf den einzelnen Betrieb zu beachten sind, zum anderen eine Fragilisierung der Betriebe durch zu große Kürzungen der Direktzahlungen unbedingt zu verhindern ist. Vom Ministerium wurden verschiedene Modellberechnungen aufgestellt – dieselben gehen allerdings alle von durchschnittlichen Gewinnen oder Verlusten aus und spiegeln somit nicht unbedingt die gegebenenfalls sehr einschneidenden, gar bedrohenden Zahlungskürzungen – sprich Einkommensverluste – wider, die sich für den einen oder anderen Betrieb aus der Konvergenz ergeben. Erfährt ein 100 ha-Betrieb beispielsweise eine Reduzierung der Direktzahlungen um 80 Euro/ha, reduziert sich damit fast gleichzeitig, laut Buchführungsresultaten, sein Einkommen um 20%, eine Situation, die existenzbedrohend werden kann, zumal es kaum Möglichkeiten gibt, diesen Einkommensverlust irgendwie wettzumachen.
Für die Bauernzentrale ist es demnach bei der Ausrichtung der Politik von eminenter Bedeutung, diese Negativauswirkungen so weit wie möglich abzuschwächen. Demzufolge drängt sich eine Diskussion zu etlichen Grundsatzfragen auf: Dazu gehört die Definition des aktiven Landwirts, dazu gehört jedoch auch die Problematik der Verpachtung der Prämienansprüche bzw. der Sofaprämienempfänger. Darüber hinaus gilt es, geeignete Mechanismen zu finden, damit den Betrieben kurzfristig ungenutzte Zahlungsansprüche erhalten bleiben.
Eine besondere Aufmerksamkeit sollte den sich in den Weinbaubetrieben stellenden Problemen zukommen: Sie werden auch künftig nicht als benachteiligt betrachtet, allerdings voll von der Konvergenz der Direktzahlungen betroffen sein und bräuchten, um im Marktgeschehen mithalten zu können, dringend zusätzliche Stützungsmaßnahmen. Auf die spezifischen Probleme im Weinbau wird gesondert zurückzukommen sein.
Aus Sicht der Bauernzentrale besteht insgesamt zur Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik und deren Umsetzung auf nationaler Ebene weiterhin großer Diskussionsbedarf. In dem Sinn kann auch nur für eine äußerst weitsichtige und umfassende Vorgehensweise plädiert werden – eine Vorgehensweise, in der vorgefaßte Ideen außen vorgelassen werden und offen an die sich stellenden Probleme herangegangen wird, eine Vorgehensweise, in der auch etliche der von Brüssel aus getätigten Kommentare besonders kritisch hinterfragt werden und nicht in vorauseilendem Gehorsam sich den Kommissionsstellen von vornherein unterworfen wird.
Zu wünschen wäre, daß das Landwirtschaftsministerium und seine Verwaltungen in dieser Hinsicht etliche von ihnen eingenommenen Haltungen sehr ernsthaft überprüfen täten – nicht alles was Brüssel meint, ist richtig – nicht alles was Brüssel sagt, muß blindlings umgesetzt werden. Die Bauernzentrale erwartet allemal von Seiten des Ministeriums eine streitbarere Haltung; sie verlangt gleichzeitig, daß sämtliche verbleibenden Spielräume voll ausgenutzt werden, um die hiesigen Betriebe zu unterstützen. Und schließlich erwartet sie ebenfalls von Seiten des Landwirtschaftsministeriums ein Umdenken betreffend den Dialog mit den Akteuren aus der Landwirtschaft im Sinne einer stärkeren Anerkennung der landwirtschaftlichen Gewerkschaften.
Schließlich muß ein Appell an Landwirtschaftsminister Schneider gerichtet werden, seine Stimme im Agrarrat mit Nachdruck zu nutzen, um für die hiesige Landwirtschaft kruziale Forderungen durchzusetzen, im Zusammenhang mit den Direktzahlungen, insbesondere jedoch auch im Zusammenhang mit der Neudefinition der benachteiligten Gebiete. Alles andere Handeln wäre nicht nachvollziehbar und politisch nicht vertretbar.