Von Gülle und Mist oder wenn Unsinn sich ausbreitet …

Von Gülle und Mist, die zu Abfall werden und anderen Unsinnigkeiten, mit denen den Landwirten bzw. den Unternehmen zusätzliche Schikanen aufgebürdet werden, ohne wirklich nutzbringend zu sein“. So hätte eigentlich der Titel lauten sollen.

Worum geht es?

Vergangene Woche wurde im Parlament das neue Abfallgesetz verabschiedet – ein Gesetz, bei dessen Ausarbeitung den berechtigten Kritiken und Forderungen der Akteure auf dem Terrain einmalmehr überhaupt nicht oder unzureichend Rechnung getragen wurde, welches nun allerdings schwerwiegende Auswirkungen für dieselben mit sich bringt und bei genauer Anwendung zu absurden Situationen führt, nicht nur, aber auch in der Landwirtschaft.

Mit dem neuen Abfallgesetzwurde die entsprechende europäische Richtlinie aus dem Jahr 2008 umgesetzt und der hiesige Gesetzestext übernimmt weitestgehend den europäischen Text und die bereits darin enthaltenen Unsinnigkeiten bzw. geht sogar, in vorauseilendem Gehorsam, noch teilweise darüber hinaus. Der Direktor der Umweltverwaltung, Robert Schmit, referierte im Rahmen der Anfang der Woche von der Biogasvereenegung organisierten Versammlung zu diesem Thema und nachstehende Ausführungen und Überlegungen basieren auf den bei dieser Versammlung gegebenen Erklärungen.

Gemäß europäischer Vorgabe gilt als „Abfall“ jeder Stoff oderGegenstand, dessen sich sein Besitzer entledigt, entledigen will oder entledigen muß. Nicht der Wert des Gegenstandes oder Stoffes oder dessen Wiederverwendungsmöglichkeiten sind bei der Begriffsbestimmung ausschlaggebend, sondern der sogenannte „Entledigungswille“.

In bezug auf die Landwirtschaft gelten u.a. nicht als Abfall „Stroh und andere natürliche nicht gefährliche land- oder forstwirtschaftliche Materialien, die in der Land- oder Forstwirtschaft oder zur Energieerzeugung aus solcher Biomasse durch Verfahren oder Methoden, die die Umwelt nicht schädigen oder die menschliche Gesundheit nicht gefährden, verwendet werden“ (Text der Richtlinie und des Abfallgesetzes). Dem ist allerdings nicht so für Gülle und Mist. Gülle und Mist, wenn sie in der Landwirtschaft als organischer Dünger auf den Feldern eingesetzt werden, gelten nicht als Abfall. Wenn diese gleiche Gülle und dieser gleiche Mist nun aber, mit den gleichen Geräten, in eine Biogasoder Kompostierungsanlage gebracht werden, werden sie zu „Abfall“ und unterliegen damit den Bestimmungen des Abfallgesetzes. Trotz aller diesbezüglichen Proteste seitens der Landwirtschaft auf europäischer Ebene bzw. auf nationaler Ebene, u.a. in der Stellungnahme der Landwirtschaftskammer, wurde diese Unsinnigkeit festgeschrieben, wobei wirklich stichhaltige, überzeugende Argumente für eine solche Vorgehensweise nicht gegeben sind.

Die Unsinnigkeiten gehen allerdings noch weiter. Jedweder Akteur, der im Rahmen seiner beruflichen Tätigkeit „Abfall“ transportiert bzw. „Abfall“ transportiert, der im Rahmen seiner beruflichen Tätigkeit angefallen ist, unterliegt entweder einer Genehmigungspflicht oder einer Registrierungspflicht, verbunden mit einer Registerführung über den transportierten „Abfall“ und der Erstellung eines Jahresberichtes. In anderen Worten: Jeder Landwirt, der künftig „Abfall“ von A nach B verbringt, unterliegt dieser Registrierungspflicht. Und dabei geht es nicht nur um den Transport von Gülle oder Mist zu einer Biogasanlage. Auch beispielsweise gebrauchter Siloplastik oder leere Behälter gelten als „Abfall“. Und der Begriff „Abfall“ kann sehr weit gesponnen werden. Vom Direktor der Umweltverwaltung wurde das Beispiel des Malerbetriebes angeführt: Der Anstreicher, der die von ihm gebrauchte Abdeckfolie in sein Auto packt, unterliegt auch der Registrierungspflicht. Das gleiche gilt für den Möbelhändler, der einen leeren Verpackungskarton im Lieferwagen mitführt oder sogar, wohl etwas überspitzt, für den Büroangestellten, der seinen alten Bürorechner zum Recycling bringt…

Wirklich überzeugende und nachvollziehbare Rechtfertigungen über Sinn und Zweck dieser Bestimmungen konnten seitens des Direktors der Umweltverwaltung nicht geliefert werden. Das Argument, man müsse sich in Konformität mit der europäischen Gesetzgebung und Jurisprudenz bringen, ist allemal wenig zufriedenstellend. Auch das Argument, Von Gülle und Mist oder wenn Unsinn sich ausbreitet … diese Maßnahme sollte zu einem größeren Bewußtsein über anfallenden „Abfall“ führen und damit Hilfestellung für eine Abfallreduzierung sein, hilft nicht weiter: In der Tierhaltung fallen nun einmal Gülle und/oder Mist an, deren Volumen kaum komprimiert werden kann.

Ob sich der Gesetzgeber tatsächlich der ganzen Tragweite des verabschiedeten Gesetzes bewußt ist, sei dahingestellt. Zu hoffen bleibt, daß zumindest bei den Ausführungsreglementen jedweder verbleibende Spielraumgenutzt wird, um so weit wie möglich noch einige Unsinnigkeiten zu mindern oder zu glätten, daß dabei auch Begriffe wie natürliche Materialen aus Land- und Forstwirtschaft bzw. Nebenprodukte möglichst weit und praxistauglich gefaßt werden. Sichergestellt werden muß ebenfalls, daß sich aus der Registrierungspflicht nicht weitere nachteilige Folgen für die Landwirtschaft ergeben, und daß die Biogasanlagen in ihrer Funktionsweise nicht vor unmögliche Auflagen gestellt werden.

Das neue Abfallgesetz muß leider als ein weiteres Beispiel gewertet werden, das zeigt, (a) wie wenig kohärent Politik sein kann – Erneuerbare Energien sollen ausgebaut werden, gleichzeitig werden diesbezüglich immer neue Stolpersteine in den Weg gelegt – und (b) wie die Privatwirtschaft mit immer neuen und zusätzlichen Schikanen belastet wird, die kaum für jemanden von Nutzen sind, auch nicht der Umwelt, für die Betriebe jedoch mit weiteren Kosten einhergehen. Und schließlich wird anstatt „Simplification administrative“ ein weiteres Verwaltungsmonstrum geschaffen.