Aus der Stellungnahme der Landwirtschaftskammer zur Gesetzesvorlage betreffend Abänderung des Naturschutzgesetzes
Wie bereits letzte Woche (5. KW) mitgeteilt, hat die Landwirtschaftskammer mit Datum vom 21. Januar ihre Stellungnahme zur Gesetzesvorlage betreffend Abänderung des Naturschutzgesetzes veröffentlicht. In den beiden ersten Punkten geht die Stellungnahme auf allgemeine Überlegungen und Problemstellungen im Zusammenhang mit dem Naturschutzgesetz bzw. den angedachten Änderungen ein, während sich in einem dritten Teil im Detail mit den einzelnen in der Gesetzesvorlage vorgesehenen Maßnahmen befaßt wird. Nachstehend gehen wir auf die allgemeineren Überlegungen in dieser Stellungnahme ein. Darin werden Prinzipien und Maßnahmen eingefordert, die – würden sie zum Tragen kommen – die sich im Zusammenhang mit dem Naturschutz bzw. dem Verlust von landwirtschaftlichen Flächen stellenden Probleme bereits wesentlich entschärfen würden.
Landwirtschaft fälschlicherweise als schädliches, zumindest störendes Element betrachtet
In ihren Vorbemerkungen verweist die Landwirtschaftskammer zunächst auf die wiederholt seitens der Oekolobby geäußerten Kritiken betreffend die negativen Auswirkungen der Landwirtschaft auf die Biodiversität, um dabei die Tatsache zu unterstreichen, daß es die Landwirtschaft ist, die über Jahrhunderte hindurch die Landschaften und die natürlichen Ressourcen, die nun mittels Naturschutzgesetz geschützt werden sollen, geschaffen und geprägt hat.
Zutreffend wird auch hervorgehoben, daß die derzeitige Umweltgesetzgebung die Landwirtschaft immer noch als ein schädliches Element bzw. zumindest ein störendes Element in bezug auf den Umweltschutz betrachtet, anstatt in ihr einen wichtigen Alliierten für den Erhalt der Natur und der Landschaften zu sehen. Auch wäre es angesichts der Verstädterung und der zunehmenden Verwendungen für Freizeitbeschäftigungen von hervorragender Bedeutung, die landwirtschaftlichen Flächen für die Erzeugung von Lebensmitteln zu reservieren. Der Fortbestand der landwirtschaftlichen Bewirtschaftung der Flächen sei zudem der beste Garant für den Erhalt der Landschaften und der Biodiversität, so die Landwirtschaftskammer.
Multiplikation von Schutzzonen wenig sinnvoll und zielführend
Zurecht prangert die Landwirtschaftskammer ebenfalls die Tatsache an, daß es in den letzten Jahren zu einer unangemessenen Multiplikation von Schutzzonen gekommen ist, eine Vorgehensweise, die nicht zielführend ist, der anvisierten administrativen Vereinfachung zuwider läuft, die vor allem auch mit enormen Schwierigkeiten für die landwirtschaftlichen Betriebe einhergeht und deren strukturelle Entwicklung gefährdet. Anvisiert wird hierbei ebenfalls die Vervielfältigung von komplizierten, langwierigen Prozeduren und Genehmigungen, mit denen ein Landwirt sich beim Bau von Betriebsgebäuden in der Grünzone konfrontiert sieht. In gleichem Zusammenhang spricht die Landwirtschaftskammer sich im übrigen entschieden gegen die Schaffung neuer Arten von Schutzzonen aus (kommunale Naturschutzzonen, Partikularschutzzonen…).
Bedauert wird, daß bei der Umweltschutzpolitik eine zu restriktive Vorgehensweise zum Tragen kommt, die zudem keine Instrumente vorweist, um die Akteure vor Ort positiv und pro-aktiv einzubinden. Fehlende Information, fehlende Konzertation (und man ist dazu geneigt, fehlende Dialog- und Kompromißbereitschaft hinzuzufügen) führen dazu, daß die Umweltpolitik hauptsächlich als Auflage oder Zwang gesehen wird, wobei diese negative Sichtweise dadurch verstärkt wird, daß die Kompensierungsmaßnahmen in direkte Konkurrenz zu einer landwirtschaftlichen Nutzung der Flächen treten. Demzufolge plädiert die Landwirtschaftskammer eher für ein partnerschaftliches Vorgehen mit den Akteuren vor Ort, dies im gegenseitigen Respekt.
Keine Umnutzung ohne vorherige Genehmigung
Der Verlust von landwirtschaftlicher Fläche ist sicherlich eine Folge der allgemeinen wirtschaftlichen und demographischen Entwicklung. Er ist jedoch auch dadurch bedingt, daß der landwirtschaftlichen Fläche, anders wie dem Wald oder sonstigen Landschaftselementen, überhaupt kein Schutz gegen Umnutzungen zu anderen Zwecken zukommt. Die landwirtschaftliche Fläche fungiert als Anpassungsvariable, die unweigerlich mit der Urbanisierung und der Entwicklung der Infrastrukturen abnimmt, eine Situation, die nach Ansicht der Landwirtschaftskammer nicht weiter geduldet werden kann und darf, zumal das anvisierte Kompensationssystem die Lage noch verschärft.
Angesichts der kleinen Dimensionen des nationalen Territoriums kann der Verlust von landwirtschaftlichen Flächen nicht kompensiert werden. Deshalb muß nach Ansicht der Landwirtschaftskammer einerseits der Flächenverbrauch reduziert werden, andererseits müssen Mechanismen zum Erhalt der landwirtschaftlichen Flächen im Rahmen der Landesplanung und insbesondere des Landschaftsplanes geschaffen werden.
Als erster Schritt in diese Richtung plädiert die Landwirtschaftskammer dafür, daß es bei jedweder Umnutzung einer landwirtschaftlichen Fläche zu egal welchem Zweck einer vorherigen Genehmigung seitens des zuständigen Ministers bedarf. Es wäre dies zweifelsohne eine wichtige Maßnahme, die dazu führt, daß sich zumindest mit der Frage auseinandergesetzt werden muß, ob diese oder jene Agrarfläche zu einem anderen Zweck verwendet werden kann, bevor dann, in einer zweiten Etappe, die Genehmigung für das durchzuführende Projekt ausgestellt werden kann.
Langwierige und komplizierte Genehmigungsprozeduren vereinfachen
In ihrer Stellungnahme geht die Landwirtschaftskammer ebenfalls auf die Schwierigkeiten ein, die sich beim Bau von landwirtschaftlichen Gebäuden in der Grünzone stellen, von der Wahl des Standortes bis hin zu den langwierigen Genehmigungsprozeduren. Mit der Abänderung des Naturschutzgesetzes riskieren diese Prozeduren gegebenenfalls noch komplizierter zu werden, womit auch die Entwicklung der Betriebe nochmals erschwert würde. Umso nachdrücklicher fordert die Landwirtschaftskammer eine vernünftige und kohärente Vorgehensweise bei den Genehmigungen von Bauten in der Grünzone und verweist diesbezüglich auf den sich in Ausarbeitung befindlichen Leitfaden für Bauten in der Grünzone. Bauten, die diesem Leitfaden entsprechen, sollten, so die Landwirtschaftkammer, ohne weitere Auflagen wie Impaktstudien oder Umweltverträglichkeitsstudien genehmigt werden.
Landwirtschaft darf nicht doppelt verlieren
In bezug auf die geplante Einführung eines Ökopunktesystems stellt die Landwirtschaftskammer zunächst fest, daß die vorgegebene systematische Kompensierungsverpflichtung riskiert, in der Praxis zu einer Verdopplung des Flächenverlustes für die Landwirtschaft zu führen: Wald ist bekanntlich unantastbar und wirkliche Brachgelände gibt es hierzulande nicht. Demnach wird auf landwirtschaftliche Flächen zurückgegriffen, dies sowohl um das Bauvorhaben selbst – ob es sich um Infrastrukturen, Wohnungen, Schulen, Industriegebiet, Tennisfeld oder Golfplatz handelt – als auch die in dem Zusammenhang auferlegten Kompensierungsmaßnahmen durchzuführen.
Es ist dies ein Punkt, auf den mit besonderem Nachdruck verwiesen werden muß. Für die Landwirtschaft ist allemal das Prinzip, daß bei jedem Bauvorhaben Kompensierungsmaßnahmen durchgeführt werden müßten, inakzeptabel – es ist umso inakzeptabler, als diese Kompensierungen systematisch auf landwirtschaftlichen Flächen durchgeführt würden.
Von Schutz der landwirtschaftlichen Fläche kann bei einer solchen Denkweise allemal keine Rede mehr sein.
Darüber hinaus – dies darf gerade im Kontext der europäischen Haushaltsverhandlungen und der in diesem Zusammenhang von Premier Juncker getätigten Aussagen zur Notwendigkeit der Lebensmittelautarkie angeführt werden – läuft eine solche Vorgehensweise dem angestrebten Ziel der Ernährungssicherung diametral zuwider: Auf den Flächen, die zubetoniert werden, wächst kein Getreide, auf den Flächen, die zur Spielweise der Ökolobby umfunktioniert werden, werden kaum noch Nahrungsmittel erzeugt. Auch wenn die Ökolobby solche Überlegungen gerne belächelt, sollte man deren politische Bedeutung und Tragweite nicht unterschätzen.
Kompensierungssystem nicht nur auf Flächenansatz beschränken
Eine weitere negative Auswirkung für die landwirtschaftliche Erzeugung betrifft den Landpreis. Bereits jetzt muß man feststellen, daß – noch bevor das Kompensierungssystem eingerichtet ist – Unternehmer, Immobilienhändler, aber auch Gemeinden bereits Flächen aufkaufen zu Preisen, die in keinem Verhältnis mehr zur agrarwirtschaftlichen Realität stehen. Es ist dies eine Entwicklung, die den Interessen der aktiven Landwirte radikal zuwiderläuft. Um das Kompensierungssystem zu rechtfertigen, wird vielfach argumentiert, man müsse der Natur das zurückgeben, was man ihr wegnehme, das „Volumen von natürlicher Umwelt“ müsse auf gleichem Niveau gehalten werden.
All dies geschieht allerdings auf Kosten und zu Lasten der landwirtschaftlichen Nutzfläche, d.h. auch der Natur und auf Kosten und zu Lasten der produktiven Landwirtschaft.
Deshalb fordert die Landwirtschaftskammer, daß das Kompensierungssystem so gestaltet wird, daß es dem Agrarsektor – Landwirtschaft, Weinbau und Gartenbau – möglichst wenig schadet. In dem Sinn müssen eine Reihe von Maßnahmen umgesetzt werden. Insgesamt sollte darauf verzichtet werden, bei allem Kompensierungen zu fordern. Vielmehr sollten die Zahl der Eingriffe, bei denen Kompensierungsmaßnahmen gefordert werden, auf ein Minimum reduziert werden. Auch muß das System der Oekopunkte ausgewogen gestaltet sein.
Daneben sollte einem globalen Ansatz mit allgemeinen Maßnahmen im Energieeinspar- oder Klimaschutzbereich Vorrang gegeben werden, anstatt sich allein auf den Flächenansatz zu fokussieren. Des weiteren sollten, so die Landwirtschaftskammer, Kompensierungsmaßnahmen auf nicht landwirtschaftlich genutzten Flächen bevorzugt werden. Schließlich fordert die Landwirtschaftskammer die Einführungen eines Schutzes der landwirtschaftlichen Flächen gegen die Urbanisierung und gegen die Kompensierungsmaßnahmen.
In ihrer Stellungnahme vergangenes Jahr hatte die Bauernzentrale bereits Forderungen in diese Richtung gestellt. Sie hat darin nicht nur einen verstärkten Schutz der landwirtschaftlichen Flächen gefordert und sich demzufolge auch klar gegen die bei jedem Bauvorhaben auferlegten Kompensierungsmaßnahmen ausgesprochen. Zudem hat sie für ein System plädiert, in dem Bauherren wohl zum Erwerb von Oeko-Punkten angehalten wären, daß diese damit zustandegekommenen Gelder aber anderwärtig zu Maßnahmen im Sinne der Umwelt und des Klimaschutzes verwendet würden, beispielsweise zu Altbausanierung, Energieeinsparmaßnahmen, Entsieglung und Wiederherstellung vorher versiegelter Flächen. Des weiteren könnte man, in Anlehnung an den Handel mit den Treibhausgas-Emissionsrechten, analysieren, inwieweit diese Gelder zur Durchführung internationaler Projekte im Sinne des Umwelt- und Klimaschutzes eingesetzt werden könnten, zumal gerade im Zusammenhang mit Natur- und Klimaschutz wiederholt für globale Ansätze plädiert wird.
Soweit die eher allgemeinen Forderungen, die die Landwirtschaftskammer in ihrer Stellungnahme hinsichtlich eines vernünftigen und ausgewogenen Naturschutzgesetzes sowie eines stärkeren Schutzes der landwirtschaftlich genutzten Flächen stellt. Auf die Kritiken, Überlegungen und Forderungen zu den einzelnen in der Gesetzesvorlage vorgesehenen Maßnahmen wird zurückzukommen sein.
An dieser Stelle bleibt nochmals zu hoffen und zu wünschen, daß die politisch Verantwortlichen diese Forderungen nicht nur zur Kenntnis nehmen, sondern sich tatsächlich für deren konkrete Umsetzung einsetzen, damit so auch den berechtigten Anliegen der Landwirtschaft, darüber hinaus auch den Interessen der Gesellschaft Rechnung tragen.