Das Thema des massiven, ja übermäßigen Flächenverbrauchs hierzulande wurde an dieser Stelle bereits mehrfach thematisiert: Mindestens 430 ha fast ausschließlich landwirtschaftlicher Fläche werden jährlich hierzulande zubetoniert und damit einer landwirtschaftlichen Nutzung entzogen. Zum Flächenverlust durch Versiegelung unbebauter Flächen addieren sich die Kompensierungsflächen, die fast bei jedem Bauvorhaben eingefordert und auf landwirtschaftlich genutzten Flächen durchgeführt werden. Auch diese Flächen werden weitestgehend bzw. gänzlich einer produktiven landwirtschaftlichen Nutzung entzogen.
Die Regierung hat wohl bereits 2010 auf die Problematik hingewiesen. Maßnahmen, um dem überhöhten Flächenverbrauch entgegenzuwirken, wurden bislang allerdings noch keine ergriffen. Das Gegenteil trifft eher zu: Immer mehr Flächen werden beansprucht, nicht nur für den Wohnungsbau, sondern auch für Infrastrukturen, Gewerbe- und Industriezonen usw… Hinzu gesellen sich die Kompensierungsmaßnahmen bzw. die Ansprüche der Öko-Lobby, die sich nicht geniert, ungehemmt über die Nutzflächen bzw. die Lebensgrundlage anderer verfügen zu wollen.
Wird im derzeitigen Trend fortgefahren, deutet vieles darauf hin, daß das von Dr. Ewringmann von der Universität Köln aufgezeichnete Szenario sich bewahrheiten könnte. Seinen Berechnungen zufolge würde ein hohes Wirtschaftswachstum dazu führen, daß bis 2050 die Hälfte der Luxemburger Landesfläche bebaut, d.h. versiegelt wäre; die restlichen Flächen müßten dann weitestgehend als Kompensierungsflächen herhalten, wobei gegebenenfalls überhaupt kein Platz mehr für eine produktive Landwirtschaft verbliebe. Man kann sich leicht vorstellen, daß eine solche Entwicklung nicht ohne schwerwiegende negative gesellschaftlichen und ökologischen Folgen sein dürfte.
Boden stellt die Grundlage für den Agrarsektor und für die Lebensmittelproduktion dar; Boden ist ein nicht ausdehnbarer, auch nicht delokalisierbarer, jedoch unabdingbarer Produktionsfaktor zur Sicherung einer nachhaltigen Landwirtschaft und zur Herstellung hochwertiger Nahrungsmittel. Darüber hinaus kommt dem Boden eine wichtige Umwelt- und Klimaschutzfunktion, etwa als Wasser- oder Kohlendioxidspeicher zu, die bei Versiegelung nicht mehr erfüllt werden kann.
Umso dringender ist es für die Bauernzentrale, die noch vorhandene landwirtschaftliche Nutzfläche durch effiziente und nachhaltige Maßnahmen zu schützen.
Um die politisch Verantwortlichen nochmals auf diese Problematik aufmerksam zu machen, gleichzeitig auch einen verstärkten Schutz für den landwirtschaftlichen Boden einzufordern, hat die Bauernzentrale kürzlich ein entsprechendes Schreiben an Landwirtschaftsminister Schneider und den delegierten Umweltminister Schank gerichtet, mit Überlegungen und Forderungen betreffend den Flächenverbrauch sowie auch die geplante Einführung eines Oeko-Punkte-Systems.
Nach Auffassung der Bauernzentrale muß ein äußerst sparsamer Umgang mit dem Faktor Boden zum transversalen Grundsatz für alle Politikbereiche erhoben werden, gleichzeitig dem landwirtschaftlichen Boden ein ähnlicher bzw. ein gleichwertiger Schutz wie den Waldflächen zukommen.
In dem Sinn ist es unabdingbar, bei allen Bauvorhaben den Flächenverbrauch auf ein Minimum zu reduzieren, z.B. durch eine dichtere Bauweise bzw. eine verstärkte Nutzung nicht landwirtschaftlich genutzter Flächen. Auch müssen diese Erwägungen sehr viel stärker, als dies bislang der Fall ist, in den verschiedenen sektoriellen Plänen zum Tragen kommen, anstatt einem zusätzlichen, enormen und nicht zu verantwortenden Flächenverbrauch Aufwind zu geben.
So wie Wälder stellen die landwirtschaftlichen Nutzflächen den Lebensraum für viele Arten von Fauna und Flora dar und leisten damit einen wesentlichen Beitrag zur Artenvielfalt. Darüber hinaus sind sie schlichtweg die Grundlage für die Lebensmittelherstellung und die Versorgung der Bevölkerung mit ausreichenden Nahrungsmitteln. In dem Sinn vertritt die Bauernzentrale resolut den Standpunkt, daß dringendst von der bisherigen Politik in Sachen Kompensierungsmaßnahmen Abstand zu nehmen ist, daß vor allem auch von einer Kompensierung von Wald auf landwirtschaftlichen Flächen völlig abgesehen werden muß. Politische Forderungen, wie sie rezent aus der grünen Ecke erhoben wurden, richten sich allemal nicht nur diametral gegen die landwirtschaftlichen Interessen, sie sind gegebenenfalls ebenfalls dem Natur- und Umweltschutz abträglich.
Darüber hinaus sollte die gesamte Politik in Sachen Kompensierungsmaßnahmen grundlegend überprüft werden, wobei eventuelle Kompensierungsmaßnahmen einzig und allein auf Eingriffe in spezifischen Biotopen zu beschränken sind. Gleiche Überlegungen gelten im übrigen für das geplante Oeko-Punkte-System, welches aus Sicht der Landwirtschaft nur Sinn macht, wenn es tatsächlich zum Schutz der landwirtschaftlichen Nutzflächen beiträgt.
Gerade in bezug auf Kompensierungsmaßnahmen darf die Politik die Augen nicht weiterhin vor den latenten, unerwünschten Folgen eines solches Systems verschließen. Heute bereits werden viele öffentliche Gelder für Biodiversitätsprogramme oder sogenannte Renaturierungsprojekte verbraucht, die kaum nachhaltige naturschützerische Effekte bringen, den landwirtschaftlichen Betrieben jedoch gegebenenfalls sehr abträglich in ihrer Entwicklung sind. Mit dem geplanten Oeko-Punkte-System riskiert nun noch eine Kategorie der „Sofa-Biotopen-Zurverfügungsteller“ sich dazuzugesellen, dies wiederum auf Kosten und zum Nachteil der aktiven Landwirtschaft.
Die Bauernzentrale erachtet es daher als unerläßlich, neben einem allgemeinen flächendeckenden, äußerst sparsamen Umgang mit dem Boden, Flächen zu bestimmen, die ausschließlich für eine landwirtschaftliche Nutzung reserviert bleiben, auf denen dementsprechend auch keine Kompensierungsmaßnahmen durchgeführt werden dürfen. Darüber hinaus fordert sie, daß zusätzliche Wege und Mittel überprüft werden, um Kompensierungsmaßnahmen, ähnlich wie bei den Treibhausgas-Emissionsrechten, in Form von anderwärtigen Maßnahmen im Sinne der Umwelt und des Klimaschutzes auf nationaler oder internationaler Ebene durchzuführen, zumal gerade im Zusammenhang mit Natur- und Klimaschutz wiederholt für globale Ansätze plädiert wird.
Sicherlich setzen derartige Vorschläge ein Abweichen von den bislang praktisch dogmatischen Denkschemen und Paradigmen voraus. Zurecht wird allerdings in dieser Angelegenheit von allen betroffenen Akteuren eine offene Vorgehensweise erwartet.
Sehr kritisch äußert sich die Bauernzentrale ebenfalls gegenüber dem Vorkaufsrecht, welches dem Staat, den Gemeinden bzw. der neu gegründeten Siedlungsgesellschaft zukommt: Selbst wenn bislang recht wenig Gemeinden von dem ihnen im Wohnungspakt zugestandenen Vorkaufsrecht Gebrauch gemacht haben, so ist es dennoch eine Maßnahme, die sich unweigerlich gegen die Landwirtschaft bzw. den Erwerb von Ländereien durch die landwirtschaftlichen Betriebe richtet.
Die Bauernzentrale erwartet allemal, im Interesse der Landwirtschaft, der Umwelt, des Klimaschutzes und der hiesigen Gesellschaft insgesamt, daß ihre Forderung nach einem verstärkten Schutz der landwirtschaftlich genutzten Flächen im Sinne einer nachhaltigen Entwicklung das notwendige Gehör auf politischer Ebene findet.