GVO-Problematik: Bauernzentrale warnt vor Irreführung der Verbraucher

GVO – Genmodifizierte Organismen – im Zusammenhang mit der Landwirtschaft sind ein immer noch sensibles Thema, bei dem die Meinungen weit auseinandergehen und die Diskussionen meistens sehr emotional und ideologisch geführt werden bzw. an Objektivität zu wünschen übrig lassen, wobei auch bewußt oder unbewußt Ängste in der Bevölkerung geschürt werden, während dem sehr verbreiteten Einsatz von GVO in der Humanmedizin eine breite Akzeptanz zukommt.

Im Rahmen der Analyse des vom Landwirtschaftsministerium vorgelegten Entwurfes betreffend die Einführung einer spezifischen Etikettierung für Lebensmittel, die ohne den Einsatz von GVO hergestellt werden – der Vorentwurf des Reglements wurde den Akteuren aus der Landwirtschaft am 24. April vom Landwirtschaftsministerium und seinen Verwaltungen vorgestellt –, hat der Vorstand der Bauernzentrale sich nochmals mit der Problematik der GVO auseinandergesetzt und diesbezüglich eine Reihe von allgemeinen Überlegungen sowie spezifischen Anmerkungen an Landwirtschaftsminister Schneider gerichtet.

Zunächst legt der Vorstand der Bauernzentrale Wert darauf zu unterstreichen, daß hierzulande keine GVO-Pflanzen angebaut oder GVO-Tiere gehalten werden. Des weiteren muß unterstrichen werden, daß, bevor die Zulassung für ein GVO-Produkt erteilt wird, die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit die Unbedenklichkeit dieses Produktes überprüft und bestätigt, dies sowohl in bezug auf die menschliche und tierische Gesundheit als auch in bezug auf die Umwelt. In anderen Worten: Lebensmittel, die ohne jeglichen Einsatz von GVO hergestellt werden, bringen im Vergleich zu Produkten, die GVO enthalten oder mit solchen hergestellt werden, in keiner Weise einen Mehrwert, sei dies in bezug auf Gesundheit, Qualität oder Nachhaltigkeit.

GVO können in Produkten nicht oder kaum nachgewiesen werden, auch nicht durch chemische Analysen; sie verändern in keiner Weise den Geschmack oder die gesundheitliche Verträglichkeit eines Produktes. Darüber hinaus ist es wissenschaftlich nicht belegt, daß GVO-Soja sich in Fleisch, Eiern oder Milch wiederfindet.

Selbst wenn in ganz Europa (außer Spanien bzw. in einigen wenigen Ländern zu Forschungszwecken) keine GVO angebaut werden, so sind GVO dennoch omnipräsent: Praktisch sämtliche Produkte, in denen Mais, Palmöl oder aber Soja vorkommt, enthalten GVO, brauchen aber nicht spezifisch gekennzeichnet zu werden, wenn der GVO-Anteil maximal 0,9% beträgt. Darüber hinaus wird in großem Ausmaß GVO-Baumwolle in Textilien und Kleidung eingesetzt.

Somit sind GVO auch in den sogenannten „GVO-freien Städten und Gemeinden“ präsent und Bezeichnungen wie „ville sans OGM“ oder „commune sans OGM“ sind in gewisser Weise für den Bürger und den Konsumenten irreführend: In keiner der 106 Gemeinden des Landes werden GVO angebaut – dennoch ist keine der 106 Gemeinden des Landes wirklich GVO-frei.

Weltweit steigt die Anbaufläche von GVO-Pflanzen jährlich – derzeit liegt sie bei etwa 160 Mio. ha. Etwa 90% der weltweiten Soja-Produktion sind GVO-Pflanzen, womit die Versorgung mit Nicht-GVO-Soja sich zunehmend schwieriger gestaltet und Versorgungsengpässe bzw. ein Anstieg der Risiken von Verunreinigungen vorprogrammiert sind, wollte man in größerem Maß auf GVO-freies Soja umsteigen. Damit einhergehen würden allemal wesentliche Zusatzkosten, womit das Einkommen der Erzeuger und deren Wettbewerbsfähigkeit einmal mehr arg geschmälert würden.

Schließlich ist es nach Auffassung der Bauernzentrale illusorisch zu glauben, man könne weltweit den Anbau von GVO verhindern, wenn der europäische Konsument nur noch GVO-freie Produkte kaufen täte.

In seinen Anmerkungen zum vorgelegten Reglementsvorentwurf hält der Vorstand der Bauernzentrale zunächst fest, daß die geplante spezifische Etikettierung nur für die Lebensmittel gilt, die auf Basis von Produkten hergestellt sind, für die es in der EU zugelassene GVOs gibt und demzufolge gegebenenfalls solche enthalten könnten: Es sind dies Soja, Mais, Raps, Zuckerrüben, Industriekartoffeln und Baumwolle.

Der Geltungsbereich dieser Etikettierung betrifft demnach beispielsweise keine Produkte, die auf Basis von Getreide hergestellt sind, auch nicht Speisekartoffeln, Obst und Gemüse sowie viele andere Produkte, obwohl dieselben absolut GVO-frei sind.

In dem Sinn riskiert die Schaffung einer spezifischen Etikettierung zur Verunsicherung beim Konsumenten zu führen, der nicht unbedingt weiß, in welchen Bereichen GVO in der EU zugelassen sind und demnach vermeintlich nicht gekennzeichnete Produkte in die Kategorie der GVO-Produkte einsortiert, obwohl diese Produkte GVO-frei sind, nicht aber in den Geltungsbereich der Etikettierung fallen.

Darüber hinaus riskiert die geplante Etikettierung die Produkte der konventionellen Landwirtschaft zu diskreditieren, obwohl diese Produkte absolut den gleichen hohen Standards in bezug auf gesundheitliche Unbedenklichkeit, in bezug auf Qualität, Rückverfolgbarkeit und Nachhaltigkeit entsprechen wie die als GVO-frei etikettierten Produkte.

Im Vorentwurf des einschlägigen Reglements sind Kriterien in bezug auf die Werbung für sogenannte GVO-freie Produkte vorgesehen: Die einschlägige Werbung darf sich weder auf geschmacks- oder ernährungsbezogene Eigenschaften, noch auf sanitäre oder umweltbezogene Qualitäten basieren, die allein durch die Abwesenheit von GVO im Produkt bedingt wären. Darüber hinaus gilt für sämtliche Lebensmittel, mit oder ohne GVO, daß gemäß europäischem Recht gesundheitsbezogene Werbeaussagen nur zulässig sind, wenn sie der strengen wissenschaftlichen Prüfung durch die Lebensmittelsicherheitsbehörde EFSA standhalten bzw. in der von der EU-Kommission diesbezüglich veröffentlichten Liste aufgeführt sind.

Die Bauernzentrale erwartet demnach, daß diese Vorgaben strengstens bei der Werbung eingehalten bzw. überprüft werden.

Die Bauernzentrale unterstützt die im Vorentwurf vorgesehene Bestimmung betreffend die Teilumstellung in den landwirtschaftlichen Betrieben und erachtet, daß zwei parallele Produktionsschienen – „GVO-frei zertifiziert“ und „nicht GVO frei zertifiziert“ – absolut vereinbar sind. Den Betrieben sollte allemal die Möglichkeit geboten werden, einen Produktionsbereich auf GVO-freie Produktion umzustellen, ohne dabei direkt sämtliche Produktionen umstellen zu müssen, was oftmals nicht möglich und wirtschaftlich nicht tragbar ist.

Abschließend äußert die Bauernzentrale nochmals ihre Besorgnis über eine eventuelle Verunsicherung der Konsumenten und der sich gegebenenfalls daraus ergebenden negativen Auswirkungen für die konventionelle Landwirtschaft. Sie erwartet demzufolge eine klare Position seitens des Landwirtschafts- und des Gesundheitsministeriums betreffend die gesundheitliche Unbedenklichkeit der konventionell hergestellten Produkte.

Gleichzeitig äußert sie ihr Bedauern darüber, daß die Debatte um GVO immer noch vorwiegend auf ideologischer, wissenschaftlich nicht begründeter Basis geführt wird, sozusagen als Kreuzzug gegen die in diesem Bereich tätigen multinationalen Firmen mit Monsanto an der Spitze, wohingegen die im Zusammenhang mit GVO grundlegenden Probleme, insbesondere im Zusammenhang mit dem Patentrecht, nicht zur Diskussion gestellt werden.

Im gleichen Sinn muß die Bauernzentrale wiederholt die Tatsache anprangern, daß der europäische Markt zunehmend für Importe aus Drittländern geöffnet wird, wobei viele Importprodukte unter Einsatz von GVO hergestellt werden bzw. nicht den der europäischen Landwirtschaft auferlegten Normen in bezug auf Qualität, sanitäre Standards, Umweltstandards, geschweige denn soziale Standards entsprechen.

Schließlich erwartet die Bauernzentrale, daß seitens der Regierung, insbesondere seitens des Landwirtschafts- und des Gesundheitsministeriums, der konventionellen Landwirtschaft bzw. deren Produkten die gleiche Unterstützung gegenüber der Öffentlichkeit zukommt wie den sogenannten Nischenproduktionen.