Teil 2: Irland
Vom 28. bis 31. März dieses Jahres trat die Luxemburger Dairyman-Gruppe eine Reise nach Irland und Nordirland an, um Pilotbetriebe in diesen Partnerregionen zu besichtigen und deren Methoden der Milchviehhaltung besser kennenzulernen.
Milchviehwirtschaft in Irland
63% der Fläche Irlands wird landwirtschaftlich genutzt, was einen sehr großen Einfluß auf bestehende Trinkwasserprobleme nach sich zieht. So ist die landwirtschaftliche Nutzung der Flächen zu 70% für die Phosphorproblematik und zu 82% für die Nitratprobleme im Trinkwasser verantwortlich. Um diese Umweltprobleme in den Griff zu bekommen, sind in Irland Ausbringungsverbote von organischem Dünger von September bis Januar erlassen worden sowie Lagerungskapazitäten von 4-6 Monaten je nach Region vorgeschrieben; entsprechend den Bodennährstoffgehalten ist der Zukauf an Phosphordünger reglementiert.
Milchviehbetriebe in Irland sind absolute Grünlandbetriebe (Ø 60 ha LN, 100% Grünland), wobei das Milchproduktionssystem zu über 60% auf der Produktion von Milch aus Weidegras basiert. Die Weideperiode dauert zwischen 250-280 Tagen. Die beiden von uns in Irland besichtigten Pilotbetriebe, Tom Walsh aus Kildorrery und George Leahy aus Craddockstown, ließen die Kühe von Anfang Februar (je nach Witterung) bis Mitte/Ende November ganztägig auf der Weide, so daß sie sich in dieser Zeit fast ausschließlich vom Weidegras ernährten. Beim Melken erhalten die Milchkühe zusätzlich Kraftfutter. Maissilage ist in einer typischen irischen Milchviehration nicht zu finden. Während zwei Monaten, wenn kein Weidegras vorhanden ist, wird Grassilage verfüttert. Der durchschnittliche Kraftfuttereinsatz liegt bei 640 kg Kraftfutter/Kuh und Jahr. Die Milchleistung/Kuh und Jahr ist für unsere Verhältnisse eher niedrig und liegt bei 5.500 Litern. Milch aus Weidegras ist eben kein System für höchste Milchleistungen, sondern für eine günstige Milchproduktion.
In den von uns besichtigten Pilotbetrieben lag die Milchleistung bei 5.850 l/Kuh/Jahr bei 3,40% Eiweiß und 4% Fett. Die gesamte Milchviehherde steht dann von Mitte/Ende November bis Ende Januar trocken. Verschiedene Molkereien schließen während dieser Zeit. Während der Trockenstehphase werden die Kühe dann im Stall mit Heu und Silage gefüttert.
Die irische Milchviehhaltung verlangt ein bestimmtes Produktionssystem; so ist eine Blockabkalbung notwendig, damit in den beiden Wintermonaten die gesamte Herde trockengestellt und die Milch in der Vegetationszeit der Weide gemolken werden kann. Die Kuh muß ein Kalb pro Jahr bringen und Zwischenkalbezeiten von 380-400 Tagen passen nicht ins System. Während unserer Besichtigungstour haben wir dann auch erfahren, daß die Fruchtbarkeit eines der wichtigsten Managementprobleme in irischen Milchviehbetrieben ist. Dabei ist die Diskussion um die beste Rasse für dieses Milchproduktionssystem groß.
Verschiedene Betriebe besamen ihre Kühe mit neuseeländischen oder englischen Holstein, sogar Norwegische Rotbunte werden eingesetzt, um Merkmale wie Fruchtbarkeit und gute Ausnutzung der Weide zu fördern. Die Kühe, die nicht mehr ins System passen, werden verkauft, so auch die weiblichen Kälber, die zu spät auf die Welt kommen, denn sonst kalben diese nach zwei Jahren auch zu spät ab und passen wiederum nicht ins Betriebssystem.
Die Weidehaltung ist mit einem gewissen Zeitaufwand für die Landwirte verbunden, denn den Kühen werden entweder kleinere Parzellen zugeteilt oder die Parzellen werden täglich durch das Voranrücken des Weidezaunes vergrößert, so daß sie so schnell wie möglich eine bestimmte Fläche abgegrast haben, um so wenig wie möglich Verluste (beschädigte Grasnarbe; Zertreten des Futters) zu haben. So kann es kommen, daß eine Parzelle bis zu 11-mal im Jahr im Abstand von ungefähr drei Wochen (abhängig von der Witterung) von den Kühen beweidet wird. Dennoch wird jede Parzelle, die abgeweidet wurde, gedüngt, so daß sie immer einen guten Ertrag haben. Die mineralische N-Düngung liegt in Irland im Durchschnitt auch bei 225 kg N/ha, zuzüglich des organischen N-Einsatzes bei einer höheren Besatzdichte als in Luxemburg.
Dieses weidegrasbetonte Milchproduktionssystem in Irland erlaubt eine sehr günstige Milchproduktion, weil Weidegras als Futtergrundlage unschlagbar günstig ist und keine hohen Kosten für Stallgebäude oder Maschinenfuhrpark anfallen, denn die Kühe befinden sich nur 2-3 Monate im Jahr im Stall. Die Betriebe verfügen über keinen überdimensionalen Maschinenpark, viele Arbeiten wie Gras häckseln etc. werden vom Lohnunternehmer durchführt. Die festen Kosten sind daher weitaus geringer als in Luxemburg und die Fütterungskosten ebenso.
Bei den beiden Pilotbetrieben waren sogar die Handy- und Autokosten höher als die Maschinenkosten. Die Produktionskosten lagen bei 15-20 ct/l Milch bei einem Milchpreis, der im Frühjahr 2012 bei 32-34 ct/l lag. Spätestens dann haben wir schnell gemerkt, wie gewinnbringend Weidehaltung sein kann…
Jeff Diderrich, Charel Pint,
LTA Schüler der 12e technicien