Ein Schritt in die richtige Richtung, aber bei weitem nicht ausreichend
Eines der Hauptmerkmale der Reformvorschläge der Gemeinsamen Agrarpolitik ist sonder Zweifel das angedachte Greening der Direktzahlungen mit der Aufteilung derselben in eine Basisprämie und eine Greening-Komponente, wobei 30% der Direktzahlungen an das Einhalten der sogenannten Greening-Maßnahmen gebunden werden sollen: Obligater Anbau von mindestens drei Kulturen, Grünlandumbruchverbot und 7% ökologische Vorrangfläche, wobei letztere Verpflichtung faktisch einer Stillegung von 7% des Ackerlands gleichkommt.
Europaweit wurden diese Greening-Vorschläge heftigst in den Reihen der Landwirtschaft und der Agrarminister kritisiert bzw. abgelehnt – auch das Europaparlament und andere europäische Gremien, u.a. der Europäische Wirtschafts- und Sozialrat, haben sich klar gegen die Vorschläge der Kommission ausgesprochen. Lediglich der Ökolobby geht das Ganze nicht weit genug und sie fordert immer noch frisch und munter weitreichendere, allerdings nicht zu verantwortende Restriktionen.
Am Rande des EU-Agrarrates von April hatte bekanntlich mehr als die Hälfte der EU-Mitgliedstaaten, auch „Stockholmer Gruppe“ genannt, Alternativen zum Greening-Ansatz der Kommission ins Spiel gebracht und sich auf ein Arbeitspapier geeinigt, in dem drei alternative Optionen vorgeschlagen wurden. Letztere galten entweder einem Ausbau der Agrarumweltmaßnahmen, einer größeren Flexibilität für Mitgliedstaaten bei einem Greening der Ersten Säule oder einfach einer Verschärfung der Cross Compliance-Auflagen. Dieses Arbeitspapier wurde Ende April im Sonderausschuß Landwirtschaft von Luxemburg eingebracht, wofür manch herbe Kritik seitens der Ökolobby geerntet werden mußte. Selbst wenn dieses Arbeitspapier nicht im Fokus steht, so war es doch zumindest ein Ansatz, Bewegung in die Diskussion zu bringen und die Kommission zum Handeln aufzufordern, was denn auch im Vorfeld der Ratssitzung von Anfang dieser Woche geschah.
Beim Agrarratstreffen am Dienstag zeigte EU-Kommissar Ciolos sich zu Zugeständnissen in bezug auf das Greening bereit. Bereits Ende letzter Woche hatte er ein entsprechendes Arbeitspapier an die Mitgliedstaaten weitergereicht.
Die neu angedachten Ansätze betreffen die drei vorgeschlagenen Greening-Maßnahmen. Beim Umbruchverbot von Dauergrünland könnte den neuesten Vorschlägen der Kommission zufolge der Begriff „Dauergrünland“ nur auf solche Flächen angewandt werden, die für wenigstens acht Jahre (und nicht wie bislang nur fünf Jahre) aus der Fruchtfolge herausgenommen werden. Mit dieser Abänderung wolle die Kommission, so heißt es, den agronomischen Praktiken verstärkt Rechnung tragen. Darüber hinaus sollen Flächen mit vorwiegend mehrjährigen Pflanzen, etwa traditionelle Weiden, die, neben Gras, mit Bäumen und Sträuchern bewachsen sind, förderfähig werden, insofern sie für die Beweidung geeignet sind. Diese Maßnahme würde überwiegend den südlichen Staaten zugute kommen. Insgesamt sollen die Mitgliedstaaten jedoch die Möglichkeit erhalten, Maßnahmen zu ergreifen, um zu verhindern, daß zu viele solcher Flächen in den Genuß der Direktzahlungen gelangen.
Des weiteren soll die Pflicht zum Anbau von drei unterschiedlichen Feldfrüchten gelockert werden in dem Sinn, daß sie erst ab einer Betriebsfläche von 10 ha gilt und nicht wie bisher vorgeschlagen bereits ab 3 ha. Auch Betriebe mit weniger als 50 ha, die einen hohen Grünlandanteil aufweisen und damit bereits weitreichende Umweltleistungen erbringen (Zitat von Kommissar Ciolos), könnten von der Rotationspflicht ganz ausgenommen werden.
Eine weitere wichtige Lockerung der Greening-Maßnahmen, allerdings noch sehr vage formuliert, betrifft die Berücksichtigung der Teilnahme an Agrarumweltmaßnahmen bzw. Umweltzertifizierungsprogrammen, dies hinsichtlich insbesondere der Anerkennung der bereits heute von den Landwirten erbrachten Leistungen in bezug auf Umwelt- und Klimaschutz. So wird erwogen, daß eine oder mehrere Greening-Auflagen eines Betriebs als erfüllt zu betrachten seien, wenn der Landwirt an bestimmten Agrarumweltmaßnahmen oder an einem national anerkannten Umweltzertifizierungsprogramm, welches insbesondere zum Klimaschutz beiträgt, teilnimmt. Voraussetzung wäre, daß der gesamte Betrieb davon erfaßt wird, ein Bezug zur entsprechenden Ökologisierungsmaßnahme besteht und die Anstrengungen über das Greening hinausgehen.
Zu keinem Zugeständnis erklärt sich Agrarkommissar Ciolos allerdings betreffend eines Transfers der Greening-Maßnahmen in die zweite Säule bereit, so wie dies von vielen Agrarpolitikern und der Landwirtschaft gefordert wurde. Für ihn bleibt das Prinzip eines Greenings in der ersten Säule unumstößlich; zudem müssen nach Auffassung des Kommissars die Maßnahmen sich einheitlich auf alle Landwirte der Union sowie auf alle förderfähigen Flächen anwenden.
Auf Agrarratsebene wurde verständlicherweise die Bereitschaft der Kommission zu einer gewissen Anpassung der Greening-Vorschläge begrüßt. Ebenso deutlich wurde aber auch, und dies zurecht, unterstrichen, daß diese Abänderungen oder Lockerungen nicht weit genug gehen. Für einige Mitgliedstaaten ist die Bindung von 30% der Direktzahlungen an die Greening-Maßnahmen nicht annehmbar, andere plädieren bei der Rotation für nur zwei anstatt drei Kulturen. Mindestens 14 Mitgliedstaaten, darunter auch Luxemburg, erachten die 7% ökologische Vorrangfläche als zu hoch und fordern eine Begrenzung dieser Vorrangfläche auf maximal 2 bis 3%.
Von Seiten der Landwirtschaft können die neuerlichen Vorschläge der Kommission, so wie die Agrarminister dies taten, als erster Schritt in die richtige Richtung bewertet werden, ein erster Schritt, der allerdings bei weitem nicht ausreicht, auch keinen genügenden Lösungsansatz für viele konkret sich stellenden Probleme beinhaltet. Aus wirtschaftlicher und ökologischer Sicht bleibt es allemal wenig sinnvoll, den Landwirten europaweit die gleichen Greening-Verpflichtungen, ungeachtet der doch sehr unterschiedlichen natürlichen und agronomischen Gegebenheiten, aufzuerlegen.
Sicherlich ist zu begrüßen, daß die mit den Agrarumweltmaßnahmen erbrachten Leistungen anerkannt werden sollen und damit die Betriebe von einer oder mehreren Greening-Verpflichtungen freigestellt werden könnten. Allerdings sind die Vorschläge der Kommission derart vage formuliert, daß eine Bewertung unmöglich ist. Zusätzliche diesbezügliche Informationen sind demnach dringend erfordert. Die Bauernzentrale wiederholt in diesem Zusammenhang ihre Forderung, daß die in die verschiedenen Agrarumweltmaßnahmen eingebundenen Flächen voll angerechnet werden müssen, daß dabei auch die auf Grünland durchgeführten Maßnahmen berücksichtigt werden müssen, dies ohne den Verlust der anhängigen Ausgleichszahlungen.
Ebenfalls zu begrüßen ist der Vorschlag Ciolos’, Betriebe bis zu 50 ha, die einen bestimmten Anteil an Grünland vorweisen, von der Rotationspflicht zu entbinden. Gerade in unseren Grünlandregionen gibt es jedoch auch viele Betriebe, die mehr als 50 ha bewirtschaften, dennoch nur einen sehr geringen Anteil an Ackerland haben. Auch diese Betriebe müßten von der Rotationspflicht entbunden werden – durch die Grünlandflächen in ihrem Betrieb erbringen sie sicherlich wertvolle Umwelt- und Klimaschutzleistungen.
Die Forderung der Agrarminister, die ökologischen Vorrangflächen auf 2% oder 3% des Ackerlandes zu begrenzen, kann seitens der Landwirtschaft nur unterstützt werden. Zudem müßten dabei, so wie die Bauernzentrale dies ebenfalls bereits gefordert hat, die bislang nicht förderfähigen ökologischen Flächen berücksichtigt und angerechnet werden. Mit einer solchen Vorgehensweise könnten wertvolles Ackerland in der Bewirtschaftung bleiben und die zu erwartenden Einkommenseinbußen begrenzt werden; vor allem könnte damit auch den sich in bezug auf die Sicherung der Lebensmittelversorgung stellenden Herausforderungen auf verantwortungsvolle Art Rechnung getragen werden.
Die Landwirtschaft richtet allemal einen dringenden Appell an die EU-Agrarminister, weiterhin in Richtung einer vertretbaren und verantwortungsvollen Gestaltung der Greening-Maßnahmen zu wirken.