2012: Internationales Jahr der Genossenschaften

Die Vereinten Nationen haben 2012 zum Internationalen Jahr der Genossenschaften ausgerufen, um auf die weltweite Bedeutung von Genossenschaften aufmerksam zu machen und ihre Rolle für die wirtschaftliche und soziale Entwicklung vieler Länder zu betonen. Im einschlägigen Beschluß der 65. Plenarversammlung der Vereinten Nationen vom 18. Dezember 2009 heißt es u.a., daß „die Genossenschaften in ihren verschiedenen Formen die breitestmögliche Mitwirkung aller Menschen an der wirtschaftlichen und sozialen Entwicklung fördern, zu einem wichtigen Faktor dieser Entwicklung werden und zur Beseitigung der Armut beitragen“. Genossenschaften würden es möglich machen, zugleich nachhaltig zu wirtschaften und sozial verantwortlich zu handeln; sie würden außerdem einen wichtigen Beitrag zum Erreichen internationaler Ziele im Bereich des Siedlungs und Wohnungswesen, der Förderung von Frauen, der Nahrungsmittelversorgung oder des nachhaltigen Wirtschaftens leisten. Nach Angaben der UNO gibt es weltweit 800 Millionen Genossenschaftsmitglieder in mehr als 100 Ländern; über 100 Millionen Arbeitsplätze werden von Genossenschaften bereitgestellt. Die Hälfte der Weltbevölkerung – so schätzt die UNO – findet ihre Ernährungsgrundlage in Genossenschaften. So tragen Kreditgenossenschaften, ländliche und gewerbliche Genossenschaften dazu bei, regionale Wirtschaftskreisläufe zu stabilisieren und lokale Beschäftigung zu fördern.

Ziel des Internationalen Jahres der Genossenschaften ist, laut Beschluß der Vereinten Nationen, die Förderung des genossenschaftlichen Modells in der Welt und die Erzeugung von Aufmerksamkeit für ihre bedeutende Rolle in der nachhaltigen wirtschaftlichen und sozialen Entwicklung. Zu diesem Zweck werden die Staaten zu einer Reihe von Maßnahmen aufgefordert: So sollen sie eine Gesetzeslage schaffen, die Genossenschaften die gleichen Ausgangsbedingungen wie anderen Wirtschaftsund Sozialunternehmen garantiert. Den Regierungen wird nahegelegt, die Rechts- und Verwaltungsvorschriften für die Tätigkeit von Genossenschaften gegebenenfalls weiter zu prüfen, mit dem Ziel, das Wachstum und die Bestandfähigkeit von Genossenschaften in einem raschem Wandel unterworfenen sozioökonomischen Umfeld zu stärken. Staaten sollen die Möglichkeiten des Genossenschaftsmodells zur Erreichung einer sozialen Entwicklung besser nutzen, die Einrichtung und den Aufbau von Genossenschaften unterstützen und erleichtern sowie die Vorteile des Modells einer breiteren Öffentlichkeit vermitteln. Sie werden außerdem gebeten, Programme zum Kapazitätsaufbau in Genossenschaften zu erarbeiten sowie landwirtschaftliche und Finanzgenossenschaften besonders zu fördern.

Cogeca-Pressekonferenz zum Internationalen Jahr der Genossenschaften

Zu Beginn des Internationalen Jahres der Genossenschaften 2012 hatte Cogeca am 12. Januar, gemeinsam mit Cooperatives Europe und anderen europäischen sektorbezogenen Mitgliedsorganisationen, zu einer Pressekonferenz unter der Schirmherrschaft des Europaabgeordneten Capouloas Santos eingeladen, um die bedeutende Rolle landwirtschaftlicher Genossenschaften im Markt und ihr zentraler Beitrag zur EU- 2020-Strategie hervorzuheben. Immerhin beschäftigt der Agrar-Lebensmittelsektor 40 Mio. Menschen. Landwirtschaftliche Genossenschaften sind der Motor für die Gewährleistung eines wettbewerbsfähigen, innovativen Agrar-Lebensmittelsektors in der EU, so die Cogeca-Verantwortlichen bei der Pressekonferenz. Genossenschaften versetzen Landwirte in die Lage, ihre Kräfte für die Vermarktung ihrer Erzeugnisse zu bündeln und den Produkten einen Mehrwert zu verleihen, sie helfen, die Landwirte gegen Risiken abzusichern und sie tragen dazu bei, die Produktentwicklung durch Forschung und Innovation zu gewährleisten. Im Obst- und Gemüsesektor zum Beispiel, in dem das Angebot starken saisonalen Schwankungen unterliegt, spielen Genossenschaften eine grundlegende Rolle für das Marktgleichgewicht.

Auch unterstrichen die Cogeca-Verantwortlichem, daß es wichtiger denn je ist, das Angebot über die Entwicklung von Genossenschaften weiter zu konzentrieren, damit die Landwirte, die derzeit nur einen Bruchteil jedes Euros erhalten, den die Verbraucher zahlen, einen besseren Erlös über den Markt erwirtschaften können. Dies sei mit Blick auf die aktuelle Wirtschaftskrise und die weltweit steigende Lebensmittelnachfrage, die bis 2050 um 70% steigen dürfte, zentral. Deshalb sei es von größter Bedeutung, sicherzustellen, daß im Rahmen der EU-Politiken zur Stärkung der Rolle der Genossenschaften noch sehr viel mehr geschieht. In dem Sinn begrüßt Cogeca (als ein Schritt in die richtige Richtung), daß die EU-Kommission diesen Tatbestand mit Blick auf landwirtschaftliche Genossenschaften anerkannt und in ihren Vorschlägen zur Zukunft der Gemeinsamen Agrarpolitik mit Plänen zur Stärkung ihrer Rolle aufgewartet hat. Die Kommission hat die Intention, an jedem Sektor zu arbeiten und zu untersuchen, wie Erzeugerorganisationen wie Genossenschaften gestärkt werden können, insbesondere in den Schwerpunktsektoren Obst und Gemüse, Wein, Olivenöl und Schafe. Der Mehrwert, den die Genossenschaften in diesen Sektoren bereits erbracht haben, muß auf dem Markt mehr Anerkennung finden.

Allerdings müsse die Politik dem Berufsstand helfen, indem die richtigen Rahmenbedingungen geschaffen werden. Bauern müsse die Möglichkeit gegeben werden, sich zu starken Erzeugergemeinschaften zusammenzuschließen, damit sie innerhalb der Wertschöpfungskette mit Verarbeitern und dem Einzelhandel auf Augenhöhe verhandeln können.

Die derzeitige Struktur der Genossenschaften ist nach Auffassung der Cogeca-Verantwortlichen nicht schlagkräftig genug. Aktuell gebe es EU-weit rund 38.000 Erzeugerorganisationen, die oft zu klein seien. Wenn die Entwicklung hin zu größeren Einheiten schleppend vorangehe, dann liege das sowohl an den Rahmenbedingungen im Wettbewerbsrecht als auch an kulturellen Unterschieden innerhalb des Berufsstandes. Wegen eines starken Identitätsbewußtseins gebe es oft Vorbehalte, sich mit benachbarten Kooperativen zusammenzuschließen, umso mehr, wenn dabei Staatsgrenzen überschritten würden.

Für Cogeca ist allerdings die Schaffung von starken Erzeugergemeinschaften die einzige Möglichkeit, die Entwicklung hin zu großen Einzelbetrieben zu vermeiden. Gerade deshalb müßten Landwirte Allianzen schmieden und ihre starke Seite suchen. Das könnten Dinge wie Ertragssteigerungen oder Kosteneinsparungen sein, aber nicht notwendigerweise. Auch die Fokussierung auf eine besondere Qualität oder die Vermarktung seien gangbare Wege.

Cogeca und die Partnerorganisationen wollen im Internationalen Jahr der Genossenschaften 2012 neue Initiativen anstoßen und die Anstrengungen zur Förderung landwirtschaftlicher Genossenschaften verstärken. Im Laufe des Jahres werden eine Reihe von Veranstaltungen organisiert, um die Bedeutung der Genossenschaften hervorzuheben. Für April ist eine Woche der Genossenschaften geplant; am 20. Juni wird Cogeca den Europäischen Preis für genossenschaftliche Innovation verleihen. Dieser Preis soll zeigen, wie kreativ und innovativ die landwirtschaftlichen Genossenschaften Europas sind und andere ermutigen, ihre Wettbewerbsfähigkeit sowie ihre Positionierung in der Lebensmittelkette zu verbessern und mehr innovative Produkte herzustellen. Projekte könnten beispielsweise eine bessere Verpackung oder einen besseren Vertrieb oder die Verbesserung der Haltbarkeit von Produkten oder des Nährstoffgehalts umfassen.