Zum neuen Agrargesetz

Wir brauchen eine bessere, eine aktivere und eine zukunftssichernde Agrarpolitik

«Monsieur le Ministre de l’Agriculture, vous devez travailler autrement, travaillez plus et mieux». Mit diesen Worten richtete sich kürzlich Xavier Beulin, Präsident der FNSEA, an Frankreichs Landwirtschaftsminister Stéphane Le Foll, um auf die derzeitigen Unzulänglichkeiten in der nationalen Agrarpolitik hinzuweisen.

Vous devez travaillez autrement, plus et mieux – ein Aufruf, den man geneigt ist, in den gegebenen Umständen auch an Landwirtschaftsminister Schneider zu richten. Denn sowohl von der Form als auch vom Inhalt her muß die derzeit hierzulande getätigte Politik seitens des Landwirtschaftsministeriums und seiner Verwaltungen in vielerlei Hinsicht sehr kritisch bewertet werden.

Paradebeispiel für eine landwirtschaftsabträgliche Politik ist zweifelsohne die derzeit angedachte Ausrichtung des kommenden Agrargesetzes. Dazu bleibt nur zu sagen: So nicht, Herr Minister, wenn Ihnen an der Zukunft der Landwirtschaft und der landwirtschaftlichen Betriebe gelegen ist!

Das Landwirtschaftsministerium hat dieser Tage ein Dokument mit dem vielversprechenden Titel „Accompagner les exploitations agricoles vers les objectifs de l’Europe 2020“ vorgelegt, worin die großen Linien des kommenden Agrargesetzes insbesondere in bezug auf die Investitionsbeihilfen und die Junglandwirteförderung, so wie dieselben nach Vorstellung des Ministeriums bzw. der Verwaltungsbeamten aussehen sollen, aufgezeichnet sind. Wie gesagt, der Titel ist vielversprechend und man hätte tatsächlich gerade in bezug auf das im Rahmen von Europa 2020 angestrebte integrative, intelligente und nachhaltige Wachstum entsprechende positive und konstruktive Akzente erwartet. Dem ist leider nicht so. Visionen für die hiesige Landwirtschaft sind im vorgelegten Orientierungsdokument keine auszumachen – welche Ziele verfolgt werden, bleibt ebenfalls unklar.

Nachstehend ein paar Elemente zu den für die künftigen Investitionsbeihilfen vom Landwirtschaftsministerium bzw. einer Gruppe von Beamten angedachten Maßnahmen. Zunächst ist die Einführung eines einheitlichen Fördersatzes bei Immobilien geplant – derselbe soll bei 35% für hauptberufliche Landwirte und 25% für nebenberufliche Landwirte liegen. Junglandwirten soll innerhalb der ersten fünf Jahren nach Installierung, wie bislang, eine spezifische Zusatzbeihilfe von 10% gewährt werden. Die förderfähigen Investitionsplafonds sollen nach den Vorstellungen des Landwirtschaftsministeriums drastisch zurückgeschraubt und nach dem theoretischen Arbeitskraftbedarf in der Ist-Situation (Investierungsjahr minus 1) betriebsindividuell gestaffelt werden. Die Höhe des über sieben Jahre von 2014 bis 2020 gültigen förderfähigen Plafonds für die erste Arbeitskraft soll sich auf 500.000 Euro belaufen; dieser Betrag multipliziert sich für jede weitere theoretisch gebrauchte Arbeitskraft unter Anwendung eines degressiven Koeffizienten. Der maximale förderfähige Investitionsbetrag wäre bei acht theoretischen Arbeitskräften erreicht und läge dann bei 2,1 Mio. Euro.

Die Liste der förderfähigen Maschinen soll völlig gestrichen werden – die gängig in den Betrieben gebrauchten Maschinen sollen demnach überhaupt nicht mehr subventioniert werden – lediglich für innovative Maschinen würden die Betriebe über ein spezifisches förderfähiges Plafond von 75.000 Euro verfügen.

Ebenfalls nicht mehr gefördert werden sollen u.a. im Schweinesektor Investitionen in reine Mastbetriebe, während allgemein Mehrzweckhallen nur förderfähig bleiben, wenn sie in einem direkten Zusammenhang mit der Betriebsausrichtung stehen.

Unklar bleiben allemal, wie erwähnt, die mit diesen Vorschlägen anvisierten Zielsetzungen, unklar bleibt auch die allgemeine Ausrichtung, die der Landwirtschaft und der Entwicklung der landwirtschaftlichen Strukturen gegeben werden soll. Allerdings zeichnet sich bereits jetzt ab, daß solche Vorschläge dazu führen, daß die Strukturen in der hiesigen Landwirtschaft eingefroren bzw. die Entwicklungsmöglichkeiten für die Betriebe stark eingeschränkt werden. Besonders betroffen dabei wären kleinere oder mittlere Betriebe, die sich kaum noch oder nur unter schwierigen Bedingungen weiterentwickeln könnten, d.h. auch oftmals Junglandwirte, die ihren Betrieb ausbauen wollen.

Für die Bauernzentrale sind die Vorschläge zu den förderfähigen Investitionsplafonds inakzeptabel. Sie kann auch nicht die vom Landwirtschaftsministerium hier und da aufgeführten Argumente über zu hohe Investierungen oder zu hohe Abschreibungen gelten lassen. Etwaige unter dem jetzigen Agrargesetz vom Landwirtschaftsministerium unterstützte Exzesse dürfen jedenfalls nicht als Alibi herangezogen werden, um eine die Betriebe extrem belastende bzw. schädigende Politik zu rechtfertigen.

Nicht akzeptabel ist ebenfalls der Vorschlag, die Beihilfen für Maschinen (mit Ausnahme einiger gänzlich innovativer Maschinen) komplett zu streichen. Zur Rechtfertigung dieser Maßnahme heißt es, die Betriebe würden zuviel in den Maschinenpark investieren bzw.verschiedene Arbeiten würden über einen Hektarsatz bezuschußt. Für einige wenige Ausnahmen dürfte dies wohl stimmen – nicht aber für die meisten der bisher geförderten Maschinen, mit dem Resultat, daß die Betriebe mit wesentlichen Zusatzkosten beim Einsatz von Maschinen, ob betriebsindividuell oder überbetrieblich, konfrontiert sein werden.

Besonders gravierend ist auch der Vorschlag, den Fördersatz auf 35% herunterzufahren, was auch immer die diesem Vorschlag zugrundeliegenden zugegebenen oder latenten Motivationen sein mögen. Inwieweit dieser Vorschlag in Zusammenhang allein mit budgetären Erwägungen steht, oder aber auch im Zusammenhang mit der Neudefinition der benachteiligten Gebiete, bleibt ungewiß. Er bedeutet allemal tiefgreifende Einschnitte und eine wesentliche Zusatzbelastung für die Betriebe und muss dementsprechend von der Bauernzentrale abgelehnt werden.

Angesichts der sich anbahnenden Entwicklungen, zuletzt auch im Zusammenhang mit der Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik, ist die Bauernzentrale höchst alarmiert. Es gilt jedenfalls aufzupassen, dass das kommende Agrargesetz noch seiner eigentlichen Funktion und Zielsetzung, u.a. die Förderung der Wettbewerbsfähigkeit der Betriebe, gerecht wird. Mit dem jetzigen Ansatz riskieren die Weichen für die Zukunft in die falsche Richtung gestellt zu werden, wobei zusätzlich der mangelnde Dialog zwischen landwirtschaftlichem Beruf und Landwirtschaftsministerium bzw. dessen Verwaltungen zu bedauern ist.

Die Umsetzung der Reform der gemeinsamen Agrarpolitik, u.a. mit der Ausarbeitung eines neuen Agrargesetzes sowie den darin verankerten Fördermaßnahmen für die Betriebe, sind von entscheidender Bedeutung für die Zukunft der hiesigen Landwirtschaft. Deshalb nochmals ein dringender Appell an Landwirtschaftsminister Schneider – wir brauchen hierzulande eine bessere Agrarpolitik, eine aktivere Agrarpolitik und eine zukunftssichernde Agrarpolitik, die allen Betrieben reale und gleichwertige Chancen auf Entwicklung gewährt.