Am 4. April 2013 haben die Lëtzebuerger Bauerejugend (LBJ) und die Europaabgeordnete Astrid Lulling die nationalen Medien zu einer Pressekonferenz eingeladen. Von Seiten des Jugendverbandes waren Präsident René Ernst, Vizepräsident Guy Wester und Kassierer Joé Biver anwesend, um die Position der LBJ gegenüber der GAP-Reform darzulegen. Astrid Lulling, Mitglied des Ausschusses für Landwirtschaft und ländliche Entwicklung des Europaparlamentes, und Christophe Hansen, ihr politischer Berater, kommentierten die Diskussion in Hinsicht auf die Fortschritte im Trilog der EU-Institutionen.
Greening
Für Astrid Lulling bestehen die Probleme, die es im Trilog gibt, hauptsächlich im Bereich der Greening-Auflagen. Greening war dann auch das erste Thema, welches die LBJ angesprochen hat. Guy Wester bewertet die jetzige Aussicht auf ökologische Vorrangflächen von mindestens fünf Prozent, in Betrieben mit mehr als 15 Hektar Land, als nicht wünschenswert. Die Politik müsse unbedingt darauf achten, daß bestehende Umweltmaßnahmen, die in Luxemburg jetzt schon ein beträchtliches Ausmaß annehmen würden, in Zukunft den Brüsseler Auflagen angerechnet werden können. In Luxemburg werden seit Jahren Umweltmaßnahmen auf freiwilliger Basis umgesetzt. Frau Lulling unterstreicht in diesem Zusammenhang, daß es keinem dienlich ist, der Landwirtschaft weitere Auflagen aufzuzwingen, wenn Landschafts- und Naturschutz bereits durch nationale Initiative sehr effektiv sind. Zu diesem Zweck gäbe es in Luxemburg bereits seit 1992 eine Art Greening und auch entsprechende Prämien für Landwirte. Christophe Hansen fügt dem noch hinzu, daß es wohl nicht schlüssig sei, auf einer Seite das Budget massiv zu kürzen und auf der anderen Seite weitere Umweltauflagen davon finanzieren zu wollen. Die LBJ hofft, daß die Minister sich mit ihrer Position durchsetzen, damit die ökologischen Vorrangflächen für den Anbau von Leguminosen, Eiweißpflanzen und Zwischenfrüchten genutzt werden können. Die vorgesehenen Kürzungen der Beihilfen im Falle eines Verstoßes gegen die Greening-Auflagen werden jedoch strikt abgelehnt. Es handelt sich bei der Kopplung um einen großen Teil der Prämien, dessen Verlust viele Betriebe nicht verkraften könnten.
Konvergenz der Auszahlungen
Ein weiteres, sehr problematisches Thema für die LBJ ist die Konvergenz der Beihilfezahlungen, vor allem die interne Konvergenz. Mit der Konvergenz sollen landesweit die Direktzahlungen aneinander angepaßt werden. Eine eventuelle Reduzierung der Direktzahlungen könnte schwerwiegende Auswirkungen für die Betriebe mit sich bringen, insofern dieselben die Betriebsausrichtung und Investitionen auf Basis der derzeitigen Höhe der Direktzahlungen geplant haben. Die externe Konvergenz wird Luxemburg nicht so hart treffen, weil die Auszahlungen in Luxemburg nur minimal von dem von Brüssel anvisierten Betrag abweichen. Dieser Betrag orientiert sich am Mittelwert der in der EU ausgezahlten Direkthilfen.
Unterstützung junger Landwirte
Die LBJ begrüßt die vorgesehenen Bonuszahlungen für junge Landwirte, erachtet sie allerdings als nicht ausreichend, darunter auch der Vorschlag, zwei Prozent des Haushaltes der ersten Säule für junge Landwirte zu reservieren. Vor allem ist die LBJ der Meinung, daß die Dauer, während der man den Status des jungen Landwirten genießen kann, zu kurz ist. Besonders problematisch gestaltet sich der von der EU vorgegebene Zeitrahmen von fünf Jahren, während dem man bei Investitionen als Junglandwirt gilt, insofern es bei der Planung und Durchführung von Bauvorhaben durch Verschleppungen auf Verwaltungsebene des öfteren zu enormen Verspätungen bei der konkreten Umsetzung von Projekten kommt. Es handelt sich hierbei um die Verwaltungshürden, die durch nationale Auflagen bedingt sind. Laut LBJ sei eine Vereinfachung der Verwaltungsprozeduren nötig, damit der Junglandwirt von den fünf Jahren profitieren könne. Angesichts des Umstandes, daß der beste Zeitpunkt für Investitionen bei Übernahme des Betriebs ist, müsse der Verwaltungsaufwand dann auch schnellstmöglich überwunden werden, um die spezifische Unterstützung als junger Landwirt nutzen zu können. Wenn man jedoch jahrelang auf Genehmigungen warten muß, sind die fünf Jahre für diese Zusatzunterstützungen und die bereits bestehenden Zinsermäßigungen zu wenig. Man müsse, abgesehen von finanziellen Unterstützungen, auch Maßnahmen anderer Art einführen, um den Einstieg in die Landwirtschaft zu vereinfachen.
Begrenzung der Auszahlungen auf aktive Landwirte
Als weiterer Punkt in ihrer Position zur GAP-Reform hat die LBJ den Wunsch geäußert, daß die Beihilfen aus dem Agrarhaushalt auf die aktiven, produzierenden Landwirte beschränkt werden. Obwohl nach jetzigem Stand der Verhandlungen die Prämien zukünftig auf aktive Landwirte eingegrenzt werden, und somit zum Beispiel Sportanlagenbetreiber, Flughäfen oder Berg- und Tagebau von der EU-Unterstützung ausgeschlossen werden, wird befürchtet, daß es trotzdem Unternehmen geben könnte, die eine landwirtschaftliche Produktion vortäuschen, um von den Prämien zu profitieren. Die LBJ fordert die europäischen Institutionen auf, neue Kriterien zu schaffen, um einem Mißbrauch von EU-Geldern zuvorzukommen. Diese Kriterien sollten nur produzierende Betriebe zu Fördergeldern berechtigen. Wenn Unternehmen, die keine Landwirtschaft betreiben, trotzdem Beihilfen bekommen, kann dies nicht im Interesse der Gesellschaft und sicherlich auch nicht im Interesse der Landwirtschaft sein.
Marktmaßnahmen
Die LBJ steht der erneuten Diskussion über Marktmaßnahmen im Milchbereich kritisch gegenüber. Ein neues Angebotssteuerungssystem sei dem bestehenden Quotensystem in seinen Auswirkungen gleichzustellen. Dies wäre mit weiterem Verwaltungsaufwand verbunden und die Kontrolle des Systems wäre zudem noch sehr schwierig umzusetzen. Marktmaßnahmen im Bereich der Milchproduktion seien zudem schlecht für die Wettbewerbsfähigkeit der luxemburgischen Betriebe, erläutert Guy Wester. Ferner fügt er hinzu, daß Überproduktion in Luxemburg kein großes Thema sei. Die Produktion sei durch das knappe Flächenangebot für die Landwirtschaft sowieso begrenzt.
Transparenz der Unterstützungen
Das umstrittene Thema der Transparenzforderungen gegenüber EU-Agrarbeihilfen wurde auch diskutiert. Die LBJ lehnt eine Veröffentlichung der Daten strikt ab. Eine solche Politik könnte unerwünschte Nebeneffekte haben. Man befürchte zum Beispiel eine Anpassung der Pachtpreise durch Landbesitzer, falls diese Einsicht in die Auszahlungen für Betriebe bekämen.
Immobilienpreise und Flächenprobleme
Astrid Lulling ging noch auf das Problem der Immobilienpreise in Luxemburg ein, ein Problem, welches die Landwirtschaft in Luxemburg sehr hart trifft. Wie auch René Ernst, meinte die erfahrene Europaabgeordnete, daß Landwirte keine Chance hätten, um mit Investoren um Land zu konkurrieren. Dann bleibe häufig nur noch die Pacht von Land übrig, wobei jedoch oftmals keine langfristigen Pachtverträge zugestanden werden. Laut dem Präsidenten der LBJ kommt noch das Problem hinzu, daß das in Aussicht stehende nationale Umweltgesetz die Investoren anregt, Grünlandflächen auf Reserve zu kaufen und dadurch Ökopunkte zu gewinnen. Hier würde noch mehr Druck auf die Landpreise entstehen und der Flächenkonsum würde zusätzlich durch ökologische Kompensierungsmaßnahmen beschleunigt werden, ein Umstand, den die LBJ als sehr problematisch einstuft.
Abschließend drückt die LBJ ihr Bedauern aus, daß es in Europa an einer Vision für die zukünftige Landwirtschaft fehlt. Während die meisten politischen Diskurse stark finanzlastig sind, fehlt eine konkrete, gemeinsame Strategie für die Landwirtschaft in der EU.