Im Biogassektor rumort es

Biogaskonferenz in Ettelbrück zu neuen Vermarktungsmöglichkeiten für Biogasstrom

Um neue Wege bei der Stromvermarktung ging es bei der von der Biogas-Vereenegung veranstalteten Biogaskonferenz, die am vergangenen Dienstag in der Ackerbauschule in Ettelbrück stattfand. Hierzu hatte man den renommierten Experten Professor Dr. Uwe Leprich von der Hochschule für Technik und Wirtschaft in Saarbrücken, der gleichzeitig das Institut für Zukunfts-Energie-Systeme (IZES) leitet, eingeladen. Er referierte über den Strommarkt im Wandel und die Möglichkeiten, die sich daraus ergeben. Eine Podiumsdiskussion, bei der insbesondere wirtschaftliche Aspekte zur Sprache kamen, rundete die Veranstaltung ab.

„Wir müssen neue Wege suchen, um Kosten zu senken oder eventuell am Markt mehr herauszuschlagen,“ war die Kernaussage von Severin Boonen, dem Präsidenten der Biogas-Vereenegung. Er nannte diesbezüglich die Bereitstellung teureren Spitzenstroms als potentielle Möglichkeit. Als künftige potentielle Alternative zur klassischen KWK-Nutzung erwähnte er die Vermarktung von Methan bzw. von CO2. Der Präsident bekannte, daß es im Sektor rumort und die gravierenden Probleme so mancher Anlagenbetreiber meist finanzieller Natur sind: steigende Futtermittelpreise haben in den vergangenen Jahren auch die Substratkosten für Biogasanlagenbetreiber stark steigen lassen. Er machte deutlich, daß für Anlagen, bei denen ein bestimmtes Soll erreicht werden muß wegen Wärmelieferungsverträgen oder um die Bedingungen des Reglements zu erfüllen, der Substratzukauf unumgänglich ist. „Im Durchschnitt verursachen die Inputs die Hälfte der Gesamtkosten unserer Anlagen“, so der Präsident der heimischen Interessenvereinigung. Der Präsident machte zudem deutlich, daß es im Gegensatz zu Photovoltaik und Windkraft nicht zu einer Verbilligung der Technik gekommen ist. Er bedauerte zudem, daß vom Landwirtschaftsministerium weniger Unterstützung kommt als erhofft, zum Beispiel in Sachen Güllebonus. Zum Teil werde der Sektor bei Neubauplanungen oder geplanten Umänderungen sogar ausgebremst bzw. mit „schweren Hypotheken“ belegt. Severin Boonen forderte diesbezüglich ein klares Bekenntnis des Landwirtschaftsministers zum Nationalen Aktionsplan in Sachen Erneuerbare Energien von 2007, der auch einen deutlichen Ausbau der Biomassenutzung mit einem Potential von 10.000 ha Energiepflanzen vorsah.

Professor Dr. Uwe Leprich, ein ausgewiesener Fachmann, der das Saarbrücker Institut für Zukunfts-Energie-Systeme (IZES) leitet, machte in seinem Vortrag zum Thema «Bedarfsgerechte Produktion und alternative Vermarktungswege für Biogasstrom in Luxemburg» deutlich, wie komplex der Strommarkt ist und wie deutlich sich die Voraussetzungen in Luxemburg und Deutschland unterscheiden. Während in Deutschland im Zuge der Energiewende die kurzfristig einsetzbaren Energiesysteme, und somit auch der Biogasstrom, künftig ihre Nische finden müssen, um die großen Schwankungen bei Wind und Photovoltaik mit ausgleichen zu helfen, hat man in Luxemburg die Situation, daß Biogasstrom jahreszeiten- und witterungsunabhängig stets erwünscht bleibt, um Stromimporte zu verringern und somit einen volkswirtschaftlichen Mehrwert zu schaffen. Auch sind die Tagesschwankungen bei den Stromlasten in Luxemburg viel ausgeglichener als in Deutschland, wo ausgesprochen starke Spitzen am Vormittag und am Nachmittag auftreten. Professor Leprich legte des weiteren ausführlich dar, daß eine Förderung der Erneuerbaren Energien (mit einem entsprechenden Umlagesystem) wegen langfristig anhaltenden und eher zunehmenden Preisdrucks unumgänglich ist, wenn diese Energieträger konkurrenzfähig bleiben sollen! Wie hoch die Umlage künftig sein muß, hänge von der Preisentwicklung bei den fossilen Energieträgern ab. Kurz- und mittelfristig sei bei letzterem nicht mit viel Bewegung zu rechnen. Des weiteren hob der Experte bei der Förderung von Biogas die Notwendigkeit eines gesellschaftlichen „Begründungspakts“ hervor, da man bei dieser Energieform in puncto Substratkosten immer benachteiligt ist. In diesen Pakt müßten dann der ökologische, der ökonomische und der volkswirtschaftliche Mehrwert einfließen.

Bezüglich der Diskussionen um die Erhöhung der Umlagen und die damit verbundene Strompreiserhöhung stellte Professor Leprich klar, daß die Stromkosten einen relativ geringen Teil der Energiekosten ausmachen und diese Diskussionen deshalb als politisch aufgebauscht anzusehen sind.

Der Experte folgerte für Deutschland, daß eine flexible Direktvermarktung von Strom zu Spitzenlastzeiten künftig interessanter wird. In Luxemburg bestünden hierfür mittelfristig keine Perspektiven. Der Anschluß eines luxemburgischen Anbieters an eine deutsche Direktvermarktergemeinschaft sei aber rechtlich sicherlich schon jetzt möglich, so der Experte.

In der anschließenden Podiumsdiskussion wurde mehr Mut bei der Förderung der Erneuerbaren Energien im allgemeinen und des Biogassektors im speziellen eingefordert. Paul Kauten, Geschäftsführer von Eida (Anbieter von grünem Strom), forderte die Einführung ehrgeizigerer Stromfördertarife, um den Erneuerbaren Aufschwung zu verleihen. Beim derzeitigen Preisniveau würden sich auch Energiesparansätze nicht rechnen. Es sei diesbezüglich eine ehrliche Diskussion nötig.

Georges Reding, der in der Direktion der Energieabteilung des Wirtschaftsministeriums die Erneuerbaren Energien vertritt, machte deutlich, daß Luxemburg nicht die Möglichkeit wie Deutschland hat, ein nationales Beihilfesystem zu betreiben, sondern immer auf den Segen aus Brüssel angewiesen ist. Bezüglich der für 2014 anstehenden Novellierung des nationalen Förderregimes nannte er folgende wichtige Punkte, die eingeplant sind, aber noch der Zustimmung aus Brüssel bedürfen:

  • Die Einführung eines Restregimes nach Auslaufen des Förderregimes.
  • Die Einführung eines Güllebonus.
  • Die Erhöhung der Fördertarife für Biogasstrom bei Neuanlagen.
  • Die Erhöhung der Umlage und der Staatsbeihilfe.
  • Voller Wärmebonus, wenn mindestens 50% der Wärme effektiv genutzt werden, bei weniger als 50% nur reduzierter Bonus.
  • Die bisherige Leistungsstaffelung (0-150 kW, 150-300 kW, 300-500 kW, über 500 kW) soll erhalten bleiben.

Diesbezüglich wurde von den Diskussionsteilnehmern angemerkt, daß es beim nun auslaufenden Förderregime von Seiten des Wirtschaftsministeriums gänzlich falsche Annahmen bezüglich der Substratpreise gab. Außerdem wurde angeregt, ein ehrgeizigeres Förderregime nach Brüssel zu übermitteln und gegebenenfalls gegen die Kommission zu klagen, falls der Vorschlag verworfen werden sollte. Eine weitere Anregung war die Aufstockung des Kompensationsfonds. Severin Boonen sagte hierzu: „Es kostet den einzelnen Bürger nicht viel, kann aber im Sektor viel bewirken. Dies muß als Botschaft an die Öffentlichkeit transportiert werden.“

Schließlich wurde das Ziel des Wirtschaftsministeriums, bis 2020 einen Zuwachs von weiteren 100 Biogasanlagen zu erreichen, als illusorisch dargestellt. Hierzu sei angemerkt, daß die frühere Investitionsförderung des Landwirtschaftsministeriums von 50% auf die Anlagen seit August 2011 nicht mehr besteht und die künftige Investitionsförderung seitens des Wirtschaftsministeriums weitaus bescheidener ausfallen wird.

Abschließend erwähnte Vizepräsident Gaston Welbes, daß man in Sachen Forderung nach einem Güllebonus im Mouvement Ecologique einen Verbündeten gefunden hat. Zu den Vorschlägen des Wirtschaftsministeriums bestehe noch Diskussionsbedarf, sagte der Vizepräsident.

Bildzeile:

Von links: Paul Kauten (Eida), Professor Dr. Uwe Leprich (IZES), Georges Reding (Wirtschaftsministerium).